Lehre (Dhamma)

Lehre (Dhamma)
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Lehre (Dhamma)

Dhamma – Die Lehre und die Wahrheit im frühen Buddhismus

Die zentrale Bedeutung und die vielfältigen Facetten des Dhamma

I. Einleitung: Die zentrale Bedeutung von Dhamma

A. Vorstellung des Begriffs

Der Pali-Begriff Dhamma (Sanskrit: Dharma) gehört zu den fundamentalsten und zugleich vielschichtigsten Konzepten im Buddhismus. Seine sprachliche Wurzel liegt im Sanskritverb dhr-, was „halten“, „tragen“ oder „stützen“ bedeutet. Diese Etymologie deutet bereits auf die tiefere Bedeutung hin: Dhamma ist das, was die Ordnung der Dinge aufrechterhält, die Wahrheit, an die man sich halten kann, oder die Lehre, die den Weg stützt. Kaum ein anderer Begriff im Palikanon weist eine solche Bandbreite an Bedeutungen auf, die von der spezifischen Lehre des Buddha über universelle Naturgesetze bis hin zu einzelnen Phänomenen oder geistigen Qualitäten reicht. Ein Verständnis von Dhamma ist daher unerlässlich, um den buddhistischen Weg zur Befreiung vom Leiden nachvollziehen zu können. Dieser Bericht zielt darauf ab, die zentralen Bedeutungen von Dhamma zu beleuchten und anhand ausgewählter Lehrreden aus dem Palikanon zu illustrieren.

B. Dhamma als Zweites Juwel (Dutīya Ratana)

Im Herzen der buddhistischen Praxis steht die Zufluchtnahme zu den Drei Juwelen (Ti-ratana): dem Buddha (dem Erwachten als Lehrer und Vorbild), dem Dhamma (seiner Lehre und der darin offenbarten Wahrheit) und dem Saṅgha (der Gemeinschaft der Praktizierenden, insbesondere der Edlen). Die traditionelle Formel „Dhammaṃ saraṇaṃ gacchāmi“ („Ich nehme Zuflucht zum Dhamma“) ist mehr als nur ein Lippenbekenntnis; sie drückt das tiefe Vertrauen in die Lehre als verlässlichen Wegweiser zur Befreiung aus.

Die buddhistische Kommentartradition präzisiert, dass sich Dhamma im Kontext der Zufluchtnahme nicht nur auf die Gesamtheit der Lehren bezieht, sondern insbesondere auf die Aspekte, die direkt zur Befreiung führen: die dritte und vierte der Vier Edlen Wahrheiten – die Wahrheit von der Aufhebung des Leidens (Nirodha Sacca) und die Wahrheit vom Pfad, der zur Aufhebung des Leidens führt (Magga Sacca) – sowie auf das endgültige Ziel, Nibbāna selbst. Die Zuflucht zum Dhamma ist somit kein passiver Glaube an überlieferte Texte, sondern ein aktives Sich-Anvertrauen an die Wirksamkeit des Pfades (Magga) und die Erreichbarkeit des Ziels (Nirodha, Nibbāna). Es ist ein Ausdruck des Vertrauens in die Möglichkeit der Transformation und Befreiung, die durch das Verständnis und die Praxis des Dhamma ermöglicht wird. Man vertraut darauf, dass die Lehre nicht nur beschreibt, sondern tatsächlich einen gangbaren Weg zur Beendigung des Leidens weist.

II. Die vielfältigen Bedeutungen von Dhamma

A. Überblick

Die genaue Bedeutung von Dhamma erschließt sich oft erst aus dem jeweiligen Kontext der Lehrrede. Frühe westliche Übersetzer rangen mit dem Begriff und wählten oft unzureichende Äquivalente wie „Gesetz“ oder „Idee“. Zeitgenössische Gelehrte und Übersetzer wie Bhikkhu Bodhi erkennen die Vielschichtigkeit an und übersetzen Dhamma je nach Kontext unterschiedlich, beispielsweise als „Lehre“, „Wahrheit“, „Gesetz“, „Phänomen“, „Ding“, „Zustand“, „Geistobjekt“ oder „Qualität“.

Um diese Vielfalt zu verdeutlichen, bietet die folgende Tabelle einen Überblick über die Kernbedeutungen:

Tabelle 1: Kernbedeutungen von Dhamma
Bedeutung (Deutsch) Pali (Kontext) Kurze Erklärung Beispielhafte Verwendung / Kontext
1. Die Lehre des Buddha Buddha-dhamma Die Gesamtheit der vom Buddha gelehrten Prinzipien und Praktiken, wie sie im Palikanon überliefert sind. „Der Dhamma des Buddha ist tiefgründig, schwer zu erkennen, schwer zu verstehen…“ (z.B. MN 26, AN 8.19)
2. Die (ultimative) Wahrheit Sacca Die tatsächliche Natur der Realität, insbesondere wie sie in den Vier Edlen Wahrheiten zum Ausdruck kommt. Die Einsicht in die Vergänglichkeit (anicca), Leidhaftigkeit (dukkha) und Nicht-Selbst (anattā) aller Phänomene als Teil der Wahrheit.
3. Naturgesetz / Kosmisches Prinzip Niyāma Die inhärenten, universellen Gesetzmäßigkeiten, die das Dasein regeln, unabhängig von einem Buddha. Das Gesetz des Bedingten Entstehens (Paṭiccasamuppāda); das Gesetz von Ursache und Wirkung (Kamma).
4. Phänomen / Ding / Element Dhamma (Plural: dhammā) Einzelne Bestandteile der Erfahrungswelt, sowohl materiell als auch geistig. Die fünf Aggregate (khandhā), die sechs Sinnesgrundlagen (āyatanā), die achtzehn Elemente (dhātū).
5. Geistiges Objekt / Gedanke Dhamma (im Kontext der 6. Sinnesgrundlage) Objekte des Geist-Bewusstseins (mano-viññāṇa), inkl. Erinnerungen, Vorstellungen, Konzepte, Gefühle. Die sechste Sinnesgrundlage (manāyatana) nimmt geistige Objekte (dhammā) wahr.
6. Qualität / Zustand / Tugend Kusala-dhamma / Akusala-dhamma Ethische oder geistige Eigenschaften, wie heilsame (kusala) oder unheilsame (akusala) Zustände. Großzügigkeit (dāna), Ethik (sīla), Achtsamkeit (sati) sind heilsame dhammā; Gier, Hass, Verblendung sind unheilsame dhammā.

B. Dhamma als die Lehre des Buddha (Buddha-dhamma)

Dies ist vielleicht die häufigste Bedeutung von Dhamma im Palikanon. Sie bezieht sich auf die Gesamtheit der Unterweisungen, die der Buddha zur Befreiung vom Leiden gegeben hat. Der Buddha selbst bezeichnete seine Lehre als ehipassiko – „komm und sieh selbst“. Dies unterstreicht den empirischen und erfahrungsbasierten Charakter des Dhamma. Es ist keine dogmatische Lehre, die blinden Glauben erfordert, sondern eine Anleitung zur eigenen Untersuchung und Verwirklichung der Wahrheit.

Die Qualität des Dhamma wird oft mit sechs Attributen beschrieben, wie im bekannten Chanting „Itipi so Bhagavā…“:

  • Svākkhāto: Gut dargelegt (klar, logisch, vollständig).
  • Sandiṭṭhiko: Hier und jetzt sichtbar/erfahrbar.
  • Akāliko: Zeitlos, unmittelbar wirksam.
  • Ehipassiko: Einladend zum „Komm und sieh“.
  • Opanayiko: Zum Ziel (Nibbāna) führend.
  • Paccattaṃ veditabbo viññūhi: Von den Weisen selbst zu erkennen/verwirklichen.

Diese Attribute betonen, dass der Dhamma nicht nur eine theoretische Beschreibung, sondern ein praktischer Weg ist, dessen Früchte unmittelbar erfahren werden können.

C. Dhamma als die Wahrheit und das Naturgesetz

Über die spezifische Lehre des Buddha hinaus verweist Dhamma auf die universelle, zeitlose Wahrheit über die Natur der Realität, die der Buddha lediglich wiederentdeckt und verkündet hat. Diese Wahrheit existiert unabhängig davon, ob ein Buddha erscheint oder nicht.

Ein zentraler Aspekt dieser Wahrheit ist das Gesetz des Bedingten Entstehens (Paṭiccasamuppāda), das erklärt, wie Leiden durch eine Kette von Bedingungen entsteht und wie es durch das Brechen dieser Kette aufgehoben werden kann.

In diesem Sinne ist Dhamma auch das Naturgesetz (niyāma), das alle Phänomene durchdringt. Dazu gehören:

  • Utu-niyāma: Physikalische Gesetze (z.B. Jahreszeiten).
  • Bīja-niyāma: Biologische Gesetze (z.B. Samen keimen).
  • Kamma-niyāma: Das Gesetz von Ursache und Wirkung ethischer Handlungen (Kamma).
  • Citta-niyāma: Gesetzmäßigkeiten des Geistes und Bewusstseins.
  • Dhamma-niyāma: Die übergeordnete Gesetzmäßigkeit der Phänomene, insbesondere anicca, dukkha, anattā und Paṭiccasamuppāda.

Wer den Dhamma in diesem Sinne versteht, versteht die grundlegende Funktionsweise der Welt und des Geistes. Der Buddha sagte: „Wer das Bedingte Entstehen sieht, sieht den Dhamma; wer den Dhamma sieht, sieht das Bedingte Entstehen.“ (MN 28).

D. Dhamma als Phänomene, Geistobjekte und Qualitäten

In einer spezifischeren, technischen Bedeutung bezieht sich Dhamma (oft im Plural, dhammā) auf die einzelnen konstituierenden Elemente der Erfahrung. Im Kontext der Sechs Sinnesgrundlagen (saḷāyatana) sind dhammā die Objekte des sechsten Sinnes, des Geistes (mano). Dazu gehören Gedanken, Erinnerungen, Vorstellungen, Absichten, Gefühle und alle anderen mentalen Inhalte.

Die Analyse der Realität in ihre grundlegenden dhammā ist ein Kernstück der buddhistischen Philosophie und Meditationspraxis, insbesondere im Abhidhamma. Ziel ist es, die Illusion eines festen, unabhängigen „Selbst“ aufzulösen, indem man erkennt, dass alle Erfahrungen aus einem unpersönlichen, vergänglichen Fluss von dhammā bestehen.

Schließlich kann Dhamma auch spezifische Qualitäten oder Zustände bezeichnen, insbesondere im ethischen Sinn. Man spricht von heilsamen dhammā (kusala-dhammā) wie Großzügigkeit (dāna), ethischem Verhalten (sīla), Weisheit (paññā) und Achtsamkeit (sati) sowie von unheilsamen dhammā (akusala-dhammā) wie Gier (lobha), Hass (dosa) und Verblendung (moha). Die Kultivierung heilsamer und die Überwindung unheilsamer dhammā ist der Kern der buddhistischen Praxis.

III. Dhamma in den Nikāyas: Ausgewählte Lehrreden

Die folgenden Lehrreden aus dem Dīgha Nikāya (DN) und Majjhima Nikāya (MN) bieten besonders tiefe Einblicke in das Konzept des Dhamma. Ergänzend werden relevante Abschnitte aus dem Samyutta Nikaya (SN) und Aṅguttara Nikāya (AN) genannt.

A. Dīgha Nikāya (DN) – Die Längere Sammlung

DN 16: Mahāparinibbāna Sutta – Die Große Rede vom Vollkommenen Verlöschen

Quelle: https://suttacentral.net/dn16

Fokus: Kurz vor seinem Tod betont der Buddha gegenüber seinem Schüler Ānanda, dass nach seinem Ableben der Dhamma und die Disziplin (Vinaya), die er gelehrt hat, der Lehrer sein sollen. „Yo vo, Ānanda, mayā dhammo ca vinayo ca desito paññatto, so vo mamaccayena satthā.“ (DN 16, 6.1). Dies unterstreicht die zentrale und bleibende Bedeutung der Lehre als maßgebliche Autorität. Der Buddha fordert die Mönche auf, „Inseln für sich selbst zu sein, Zufluchten für sich selbst, ohne andere Zuflucht; mit dem Dhamma als Insel, mit dem Dhamma als Zuflucht, ohne andere Zuflucht.“ (attadīpā viharatha attasaraṇā anaññasaraṇā, dhammadīpā dhammasaraṇā anaññasaraṇā; DN 16, 2.26). Hier steht Dhamma klar für die Lehre als verlässlichen Leitfaden und innere Stütze.

DN 22: Mahāsatipaṭṭhāna Sutta – Die Große Rede über die Grundlagen der Achtsamkeit

Quelle: https://suttacentral.net/dn22 (Eine Version findet sich auch als MN 10)

Fokus: Diese fundamentale Meditationsanleitung beschreibt die vierte Grundlage der Achtsamkeit als Achtsamkeit auf die Dhammā (dhammānupassanā). Hier bezieht sich dhammā auf verschiedene Kategorien von geistigen und physischen Phänomenen, die untersucht werden sollen: die fünf Hindernisse (nīvaraṇa), die fünf Aggregate (khandhā), die sechs inneren und äußeren Sinnesgrundlagen (āyatana), die sieben Erleuchtungsglieder (bojjhaṅga) und die Vier Edlen Wahrheiten (ariya-sacca). Die Praxis besteht darin, das Entstehen und Vergehen dieser dhammā ohne Anhaften oder Ablehnung zu beobachten und so ihre wahre Natur (vergänglich, leidhaft, nicht-selbst) zu erkennen. Dhamma steht hier also für die konstituierenden Elemente der Erfahrung, die zum Objekt der achtsamen Untersuchung werden.

B. Majjhima Nikāya (MN) – Die Mittlere Sammlung

MN 22: Alagaddūpama Sutta – Das Gleichnis von der Wasserschlange

Quelle: https://suttacentral.net/mn22

Fokus: Diese Rede warnt eindringlich davor, den Dhamma falsch zu ergreifen. Der Buddha vergleicht seine Lehre mit einer Wasserschlange: Wenn man sie falsch am Schwanz packt, kann sie sich umdrehen und beißen. Wenn man sie richtig am Kopf packt, ist sie harmlos und nützlich. Ebenso führt ein falsches Verständnis des Dhamma (z.B. durch intellektuelles Festhalten an Ansichten oder Missbrauch für weltliche Zwecke) zu Leid, während ein korrektes Verständnis und eine praktische Anwendung zur Befreiung führen. Weiterhin wird der Dhamma mit einem Floß verglichen, das dazu dient, den Fluss des Leidens (saṃsāra) zu überqueren. Hat man das andere Ufer (Nibbāna) erreicht, lässt man das Floß zurück und trägt es nicht weiter mit sich herum. Dies betont den pragmatischen und zweckorientierten Charakter des Dhamma als Mittel zum Zweck der Befreiung, nicht als Selbstzweck oder dogmatisches System.

MN 28: Mahāhatthipadopama Sutta – Das Große Gleichnis von den Elefantenspuren

Quelle: https://suttacentral.net/mn28

Fokus: Diese Rede verwendet das Gleichnis der Elefantenspur, um zu zeigen, wie alle heilsamen Lehren (kusalā dhammā) in den Vier Edlen Wahrheiten enthalten sind, so wie die Fußspuren aller Tiere im Dschungel in die riesige Spur eines Elefanten passen. Der Höhepunkt der Rede ist die Aussage: „Wer das Bedingte Entstehen (Paṭiccasamuppāda) sieht, sieht den Dhamma; wer den Dhamma sieht, sieht das Bedingte Entstehen.“ (Yo paṭiccasamuppādaṃ passati, so dhammaṃ passati; yo dhammaṃ passati, so paṭiccasamuppādaṃ passati.) Hier wird Dhamma eng mit der tiefsten Wahrheit über die Natur der Realität gleichgesetzt, die sich im Gesetz des Bedingten Entstehens manifestiert. Das Verständnis dieses Gesetzes ist gleichbedeutend mit dem Verständnis des Dhamma in seiner fundamentalsten Bedeutung.

C. Samyutta Nikaya (SN) – Die Gruppierte Sammlung

SN 12: Nidāna Saṃyutta – Gruppierte Reden über Ursachen (Bedingtes Entstehen)

Quelle: https://suttacentral.net/sn12

Fokus: Dieses Kapitel widmet sich ausführlich dem Bedingten Entstehen (Paṭiccasamuppāda). Wie in MN 28 betont, ist das Verständnis dieses Prinzips zentral für das Verständnis des Dhamma als universelles Gesetz. Viele Suttas hier (z.B. SN 12.20) bekräftigen die Aussage: „Ob Tathāgatas [Buddhas] erscheinen oder nicht, dieses Element bleibt bestehen – die Beständigkeit des Dhamma (dhammaṭṭhitatā), die Gesetzmäßigkeit des Dhamma (dhammaniyāmatā), die spezifische Bedingtheit (idappaccayatā).“ Dies unterstreicht Dhamma als zeitloses, objektives Naturgesetz.

D. Aṅguttara Nikāya (AN) – Die Angereihte Sammlung

AN 3.136 (oft zitiert als Kālāma Sutta, obwohl der genaue Name unsicher ist; Teil von AN 3.65 Kesamutti Sutta)

Quelle: https://suttacentral.net/an3.65

Fokus: Obwohl der Begriff Dhamma hier nicht explizit im Zentrum steht, verkörpert diese berühmte Rede den Geist des Dhamma als empirische Untersuchung und persönliche Verifizierung. Der Buddha rät den verunsicherten Kālāmern, nicht blind auf Autoritäten, Traditionen oder Hörensagen zu vertrauen, sondern selbst zu prüfen, welche Lehren heilsam (kusala) und welche unheilsam (akusala) sind, welche zu Wohl und Glück führen und welche zu Leid. „Wenn ihr selbst erkennt: ‚Diese Dinge sind unheilsam; diese Dinge sind tadelnswert; diese Dinge werden von den Weisen getadelt; wenn übernommen und durchgeführt, führen sie zu Schaden und Leid‘, dann gebt sie auf.“ Diese Aufforderung zur kritischen Selbstprüfung ist ein Kernaspekt des Dhamma als Weg der Weisheit (paññā) und verkörpert das Prinzip des ehipassiko („komm und sieh selbst“).

IV. Verbundene Begriffe und Konzepte

Das Verständnis von Dhamma wird durch die Kenntnis verwandter Schlüsselbegriffe vertieft:

  • Vinaya: Die Ordensdisziplin für Mönche und Nonnen. Oft wird Dhamma-Vinaya als Einheit genannt, um die gesamte Lehre und Praxis des Buddha zu umfassen: Dhamma als die Lehre (die Theorie, das „Was“ und „Warum“) und Vinaya als die Praxis und ethische Richtlinie (das „Wie“).
  • Sacca: Wahrheit, insbesondere die Vier Edlen Wahrheiten (cattāri ariya-saccāni): die Wahrheit vom Leiden (dukkha), von der Leidensentstehung (samudāya), von der Leidenserlöschung (nirodha) und vom Pfad zur Leidenserlöschung (magga). Der Dhamma (als Lehre) enthüllt diese Wahrheiten, und der Dhamma (als Wahrheit) ist das, was in ihnen erkannt wird.
  • Paṭiccasamuppāda: Das Bedingte Entstehen, das zentrale Gesetz, das erklärt, wie Phänomene in Abhängigkeit voneinander entstehen und vergehen. Das Verständnis dieses Gesetzes ist, wie oben gezeigt, gleichbedeutend mit dem Verständnis des Dhamma als Naturgesetz.
  • Kamma (Skt. Karma): Handlung, insbesondere willentliche Handlung (körperlich, sprachlich, geistig) und ihre ethischen Konsequenzen. Das Gesetz des Kamma (kamma-niyāma) ist ein spezifischer Aspekt des Dhamma als universelles Gesetz von Ursache und Wirkung.
  • Nibbāna (Skt. Nirvāṇa): Das Verlöschen von Gier, Hass und Verblendung; das Endziel des buddhistischen Pfades; die endgültige Befreiung vom Leiden und dem Kreislauf der Wiedergeburten (saṃsāra). Nibbāna wird oft als der höchste Dhamma bezeichnet – die ultimative, unbedingte Wirklichkeit, auf die die Lehre (Dhamma) hinweist. Die Erfahrung von Nibbāna ist die Verwirklichung des Dhamma in seiner tiefsten Bedeutung.
  • Anicca, Dukkha, Anattā: Die Drei Daseinsmerkmale – Vergänglichkeit, Leidhaftigkeit und Nicht-Selbst. Die Einsicht in diese Merkmale aller bedingten Phänomene (saṅkhārā) ist ein zentraler Aspekt des Verständnisses des Dhamma als Wahrheit.
  • Kusala / Akusala Dhamma: Heilsame und unheilsame Qualitäten/Zustände. Die Unterscheidung und Kultivierung bzw. Überwindung dieser dhammā ist die Grundlage der buddhistischen Ethik (sīla) und Geistesschulung (samādhi, paññā).

V. Fazit: Dhamma als Weg und Ziel

Der Begriff Dhamma durchzieht wie ein roter Faden den gesamten Palikanon und offenbart eine bemerkenswerte Tiefe und Vielschichtigkeit. Er ist sowohl der Wegweiser als auch das Ziel, sowohl die Landkarte als auch das Territorium.

Als Lehre (Buddha-dhamma) ist er die klar dargelegte, zeitlose und erfahrbare Anleitung des Buddha, die zur Befreiung führt (DN 16, MN 22). Er lädt zur persönlichen Überprüfung ein (ehipassiko, AN 3.65) und dient als Floß zur Überquerung des Leidensstroms (MN 22).

Als Wahrheit und Naturgesetz (Sacca, Niyāma) ist er die universelle Realität des Bedingten Entstehens und der Drei Daseinsmerkmale, die es zu erkennen gilt (MN 28, SN 12). Dieses Verständnis ist der Kern der Weisheit (paññā).

Als Phänomene und geistige Objekte (dhammā) sind sie die Bausteine unserer Erfahrung, deren achtsame Beobachtung (dhammānupassanā) zur Einsicht in ihre wahre Natur führt (DN 22).

Als ethische Qualitäten (kusala/akusala dhammā) sind sie die Grundlage für heilsames Handeln und geistige Entwicklung.

Die Zufluchtnahme zum Dhamma bedeutet somit, Vertrauen in die Lehre als Weg zu haben, sich der Erforschung der Wahrheit zu widmen und die heilsamen Qualitäten in sich selbst zu kultivieren. Das Studium der hier vorgestellten Lehrreden bietet einen wertvollen Einstieg, um die zentrale Bedeutung des Dhamma für den buddhistischen Befreiungsweg tiefer zu verstehen und die eigene Praxis zu inspirieren. Es ist eine Einladung, „selbst zu sehen“ (sandiṭṭhiko, ehipassiko) und den Dhamma nicht nur intellektuell zu begreifen, sondern im eigenen Leben zu verwirklichen.

VI. Referenzen & weiterführende Webseiten/Dokumente

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