Familie & persönliches Umfeld

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Die Angehörigen Siddharthas und ihre Beziehung zum Dhamma

Einleitung

Siddhartha Gautama wurde in eine Familie hineingeboren, in das Adelsgeschlecht der Sakyer von Kapilavatthu. Seine Entscheidung, dieses Leben – seine Frau, sein neugeborenes Kind, seine Eltern und seinen Status – hinter sich zu lassen, um nach der Befreiung vom Leiden zu suchen, war nicht nur ein persönlicher, sondern auch ein familiärer Einschnitt. Die Geschichten seiner Familienmitglieder im Pali-Kanon beleuchten eindrücklich die menschliche Dimension des Buddha und die komplexen Wechselwirkungen zwischen familiären Bindungen und dem spirituellen Weg.

Die Reaktionen seiner Familie auf seine Entsagung und spätere Erleuchtung waren vielfältig. Sein Vater, Suddhodana, war zunächst tief betrübt, fand aber später Vertrauen in die Lehre seines Sohnes und erreichte hohe spirituelle Stufen. Seine Tante und Ziehmutter, Mahāpajāpatī Gotamī, und seine Ehefrau, Yasodharā, traten nach anfänglichem Leid und Warten ebenfalls dem von ihm gegründeten Orden bei und wurden schließlich erleuchtete Nonnen (Arahantīs). Sein Sohn Rāhula wurde auf Geheiß des Buddha zum ersten Novizen ordiniert und erreichte später ebenfalls die Arahatschaft.

Diese unterschiedlichen Lebenswege illustrieren den Konflikt zwischen weltlicher Liebe, Pflicht und Erwartung einerseits und dem Streben nach transzendenter Befreiung andererseits. Sie zeigen aber auch, dass der Dhamma vielfältige Wege bot, diese Konflikte zu lösen und familiäre Beziehungen in den spirituellen Pfad zu integrieren – sei es als Laie oder als Ordinierter.

Die Tatsache, dass der Buddha seine eigene Familie, einschließlich Frauen und seines Sohnes, in den Orden aufnahm, war für die damalige Zeit revolutionär. Es demonstriert die Universalität seiner Lehre, die spirituelles Potenzial über traditionelle soziale Rollen und Blutsbande stellte und die Tür zur Befreiung für alle öffnete, die bereit waren, den Weg zu gehen.

Rāhula – Buddhas Sohn

Biografie: Rāhula war der einzige Sohn von Prinz Siddhartha Gautama (dem späteren Buddha) und Prinzessin Yasodharā. Sein Name, der „Fessel“ oder „Hindernis“ bedeutet, wurde ihm der Überlieferung nach von Siddhartha selbst gegeben, als er von der Geburt erfuhr und darin ein weiteres Band sah, das ihn an das weltliche Leben knüpfte. Nach der Pali-Tradition wurde er am selben Tag geboren, an dem Siddhartha den Palast verließ. Andere Traditionen berichten von einer späteren Geburt.

Rolle und Bedeutung: Als der Buddha einige Jahre nach seiner Erleuchtung nach Kapilavatthu zurückkehrte, schickte Yasodharā den jungen Rāhula zu seinem Vater, damit er sein Erbe einfordern könne. Der Buddha jedoch entschied, ihm ein höheres Erbe zu geben – das Erbe des Dhamma. Er wies seinen Hauptschüler Sāriputta an, Rāhula zu ordinieren. So wurde Rāhula im Alter von etwa sieben Jahren der erste buddhistische Novize (Sāmaṇera). Sein Großvater, König Suddhodana, war darüber betrübt und bat den Buddha, fortan keine Kinder mehr ohne die Zustimmung der Eltern zu ordinieren, eine Regel, die der Buddha annahm.

Rāhula zeichnete sich durch seine außergewöhnliche Lernbegierde (sikkhākāma) aus. Der Buddha selbst erklärte ihn später zum Vordersten (etadagga) unter allen Mönchen in dieser Eigenschaft (AN 1.14). Er war bekannt für seinen Gehorsam und seine Gewissenhaftigkeit bei der Einhaltung der Ordensregeln. Der Buddha widmete ihm besondere Aufmerksamkeit und erteilte ihm spezifische Unterweisungen, die als Rāhulovāda Suttas bekannt sind. Darin lehrte er ihn eindringlich die Bedeutung von Wahrhaftigkeit (MN 61), die Analyse der Elemente und die Kultivierung von Achtsamkeit und Nicht-Identifikation (MN 62) sowie die tiefere Einsicht in die Vergänglichkeit aller Phänomene (MN 147, SN 35.121). Im Alter von achtzehn Jahren (oder nach anderen Quellen später) erreichte Rāhula nach dem Hören der Cūḷa Rāhulovāda Sutta die volle Erleuchtung und wurde ein Arahant.

Sutta-Referenzen: Mehrere wichtige Lehrreden sind direkt an Rāhula gerichtet oder handeln von ihm.

  • MN 61 (Ambalatthika-Rāhulovāda Sutta): Der Buddha ermahnt den jungen Rāhula eindringlich zur Wahrhaftigkeit und nutzt das Gleichnis vom weggeworfenen Wasserbecher, um die Wertlosigkeit eines lügenden Asketen zu verdeutlichen.
  • MN 62 (Mahā-Rāhulovāda Sutta): Eine tiefgründige Unterweisung über die vier Elemente, die Meditation der Liebenden Güte, des Mitgefühls, der Mitfreude und des Gleichmuts sowie die Atemachtsamkeit, um Anhaftung zu überwinden.
  • MN 147 (Cūḷa-Rāhulovāda Sutta): Nach dieser Rede über die Vergänglichkeit der Sinnesgrundlagen und die daraus resultierende Ernüchterung und Befreiung erlangt Rāhula die Arahatschaft.
  • SN 35.121 (Rāhulovāda Sutta): Eine weitere Unterweisung über die Vergänglichkeit und Leidhaftigkeit der sechs inneren und äußeren Sinnesgrundlagen sowie des Bewusstseins und Kontakts.
  • SN 18.21-22 / SN 22.91-92 (Rāhula Suttas): Kürzere Lehrreden, in denen der Buddha Rāhula über die Vergänglichkeit der fünf Aggregate und der Elemente belehrt.
  • AN 1.14: Ernennung zum Vordersten in Lernbegierde (Sikkhākāmānaṃ).
  • Theragāthā Verse 295-302 (Thag 4.8): Enthält Verse, die Rāhula zugeschrieben werden, in denen er seine Befreiung und seine Beziehung zum Buddha preist.

Mahāpajāpatī Gotamī – Buddhas Ziehmutter & erste Nonne

Biografie: Mahāpajāpatī Gotamī war die jüngere Schwester von Mahāmāyā, der leiblichen Mutter des Buddha, und stammte wie diese aus dem Geschlecht der Koliyer von Devadaha. Beide Schwestern heirateten König Suddhodana von Kapilavatthu. Als Mahāmāyā nur sieben Tage nach Siddharthas Geburt verstarb, übernahm Mahāpajāpatī die Rolle der Ziehmutter und zog den späteren Buddha auf wie ihr eigenes Kind. Sie selbst hatte zwei Kinder mit Suddhodana: einen Sohn, Nanda, und eine Tochter, Sundarī Nandā, beides Halbgeschwister des Buddha. Mahāpajāpatī wurde früh eine Anhängerin des Buddha und erreichte bereits bei dessen erstem Besuch in Kapilavatthu die Stufe des Stromeintritts (Sotāpatti).

Rolle und Bedeutung: Nach dem Tod ihres Ehemanns Suddhodana fasste Mahāpajāpatī den Entschluss, in die Hauslosigkeit zu ziehen und Nonne zu werden. Sie bat den Buddha, der sich zu dieser Zeit in Vesāli aufhielt, um die Erlaubnis zur Ordination für sich und eine Gruppe von 500 weiteren Sakyerinnen, deren Ehemänner bereits Mönche geworden waren. Der Buddha lehnte ihre Bitte zunächst dreimal ab. Unbeirrt schnitten sich Mahāpajāpatī und ihre Gefährtinnen die Haare ab, legten ockerfarbene Roben an und folgten dem Buddha zu Fuß nach Vesāli. Dort trat der Ehrwürdige Ānanda, tief bewegt von ihrem Anblick und ihrer Entschlossenheit, beim Buddha für sie ein. Nach Ānandas wiederholter Fürsprache und der Bestätigung durch den Buddha, dass Frauen ebenso wie Männer zur Arahatschaft fähig seien, stimmte der Buddha der Gründung eines Nonnenordens (Bhikkhunī-Sangha) unter der Bedingung zu, dass Mahāpajāpatī acht zusätzliche, strenge Regeln (Garudhamma) akzeptierte, die die Nonnen den Mönchen unterordneten. Mahāpajāpatī nahm die Regeln an und wurde so zur ersten buddhistischen Nonne (Bhikkhunī).

Nach ihrer Ordination erhielt sie vom Buddha Meditationsanweisungen und erreichte bald darauf die Arahatschaft, ebenso wie ihre 500 Begleiterinnen. Der Buddha ernannte sie später zur Vordersten (etadagga) unter den Nonnen, die über große Erfahrung verfügten bzw. am längsten ordiniert waren (rattaññūnaṃ) (AN 1.14). Sie erreichte ein hohes Alter von 120 Jahren und verstarb nach einer Abschiedsaudienz beim Buddha, wobei sie verschiedene Wunder gewirkt haben soll. Ihre Entschlossenheit und ihr Engagement waren entscheidend für die Etablierung des weiblichen Ordenszweiges im Buddhismus.

Sutta-Referenzen: Ihre Geschichte ist zentral für die Gründung des Nonnenordens.

  • AN 8.51 (Gotamī Sutta): Beschreibt Mahāpajāpatīs Bitte um Ordination, Ānandas Fürsprache und die Einführung der Acht Garudhammas.
  • Vinaya Cullavagga X: Der kanonische Bericht über die Gründung des Nonnenordens mit allen Details und Regeln.
  • AN 1.14: Ernennung zur Vordersten unter den erfahrenen Nonnen (Rattaññūnaṃ).
  • Therīgāthā 6.6 (Verse 157-162): Enthält Verse, die ihr zugeschrieben werden und ihre Dankbarkeit gegenüber dem Buddha sowie ihre Befreiung ausdrücken.
  • MN 142 (Dakkhiṇāvibhaṅga Sutta): Erzählt die Geschichte, wie sie dem Buddha ein kostbares Gewand schenken wollte, dieser aber vorschlug, es der Sangha zu spenden.

Yasodharā – Ehefrau Buddhas, später Nonne

Biografie: Yasodharā war die Tochter des Sakyer-Fürsten Suppabuddha und dessen Frau Amitā (einer Schwester Suddhodanas) und somit eine Cousine von Siddhartha Gautama. Sie wurde am selben Tag wie Siddhartha geboren und heiratete ihn, als beide 16 Jahre alt waren. Im Alter von 29 Jahren gebar sie ihren einzigen Sohn, Rāhula. In derselben Nacht verließ Siddhartha den Palast, um die Erleuchtung zu suchen – die „Große Entsagung“. Yasodharā war tief getroffen von seinem Weggang. Während seiner sechsjährigen Abwesenheit führte sie ein zurückgezogenes und einfaches Leben im Palast, lehnte alle anderen Heiratsanträge ab und verfolgte die Nachrichten über seine Suche.

Rolle und Bedeutung: Als der Buddha nach seiner Erleuchtung nach Kapilavatthu zurückkehrte, weigerte sich Yasodharā zunächst, ihm entgegenzugehen, blieb aber in ihren Gemächern. Der Buddha suchte sie dort auf, und sie fiel ihm voller Schmerz zu Füßen. Später, nachdem ihr Sohn Rāhula und ihre Schwiegermutter Mahāpajāpatī Gotamī dem Orden beigetreten waren, entschied sich auch Yasodharā für das hauslose Leben und wurde zusammen mit den 500 Frauen um Mahāpajāpatī zur Nonne (Bhikkhunī) ordiniert. Sie praktizierte eifrig und erreichte schließlich die Arahatschaft.

In einigen Traditionen wird Yasodharā mit der Nonne Bhaddā Kaccānā identifiziert. Bhaddā Kaccānā wird im Aṅguttara Nikāya (AN 1.14) vom Buddha als die Vorderste (etadagga) unter den Nonnen bezeichnet, die große übernatürliche Kräfte (mahābhiññā) besitzen. Diese Fähigkeit soll ihr erlaubt haben, sich an unzählige frühere Leben zu erinnern, ähnlich wie die beiden Hauptschüler Sāriputta und Moggallāna. Ob Yasodharā und Bhaddā Kaccānā tatsächlich dieselbe Person sind, ist in den frühesten Texten nicht eindeutig geklärt, wird aber in den Kommentaren oft angenommen.

Yasodharā starb im Alter von 78 Jahren, zwei Jahre vor dem Parinibbāna des Buddha. Im späteren Mahāyāna-Text des Lotus-Sutras erhält sie, wie auch Mahāpajāpatī, eine Prophezeiung ihrer zukünftigen Buddhaschaft. Ihre Lebensgeschichte symbolisiert das Leiden durch Trennung und Verlust, aber auch die Möglichkeit der Transformation und Befreiung durch den buddhistischen Pfad, selbst für jene, die dem Buddha am nächsten standen.

Sutta-Referenzen: Direkte Erwähnungen von Yasodharā in den Suttas sind selten, sie erscheint aber in Kommentaren und späteren Texten.

  • AN 1.14: Mögliche Nennung als Bhaddā Kaccānā, die Vorderste in übernatürlichen Kräften (Mahābhiññānaṃ).
  • Therīgāthā: Enthält Verse von Bhaddā Kaccānā (Thig 4.1, Verse 63-66), die möglicherweise Yasodharā zugeschrieben werden können. Die Sammlung selbst enthält jedoch keine Verse unter dem Namen Yasodharā.
  • Apadāna (Therī Apadāna): Enthält legendenhafte Berichte über ihre früheren Leben und ihre Aspiration, die Vorderste in abhiññā zu werden.
  • Jātakas: In vielen Geburtsgeschichten des Buddha tritt Yasodharā als dessen Ehefrau in früheren Existenzen auf.
  • Kommentare (z.B. zum Dhammapada, Jātaka): Bieten weitere Details zu ihrem Leben und ihrer Ordination.

König Suddhodana – Vater Buddhas

Biografie: Suddhodana war der Herrscher des Sakya-Volkes, dessen Hauptstadt Kapilavatthu war. Er stammte aus dem Adelsgeschlecht der Gautama (Gotama). Obwohl oft als „König“ bezeichnet, war er wahrscheinlich eher ein gewähltes Oberhaupt (Rāja) einer aristokratischen Republik als ein absoluter Monarch. Er war der Ehemann von Königin Mahāmāyā und deren Schwester Mahāpajāpatī Gotamī. Er war der leibliche Vater von Siddhartha (dem späteren Buddha) und Nanda sowie der Stiefvater von Sundarī Nandā. Nach der Prophezeiung, dass sein Sohn entweder ein Weltenherrscher oder ein Buddha werden würde, versuchte Suddhodana alles, um Siddhartha an das weltliche Leben zu binden. Er umgab ihn mit Luxus und versuchte, ihn vor dem Anblick von Alter, Krankheit und Tod zu schützen.

Rolle und Bedeutung: Suddhodana war tief getroffen, als sein Sohn trotz aller Vorkehrungen den Palast verließ, um Asket zu werden. Jahre später, als der Buddha nach seiner Erleuchtung nach Kapilavatthu zurückkehrte, besuchte Suddhodana ihn. Zunächst skeptisch gegenüber dem Bettelmönchdasein seines Sohnes, fand er durch die Lehrreden des Buddha tiefes Vertrauen. Er durchlief schrittweise die Stufen der Heiligkeit: Zuerst wurde er ein Stromeingetretener (Sotāpanna), dann ein Einmalwiederkehrer (Sakadāgāmi). Als sein Enkel Rāhula ohne seine Zustimmung ordiniert wurde, bat er den Buddha erfolgreich um die Einführung der Regel, dass Minderjährige nur mit Erlaubnis der Eltern ordiniert werden dürfen. Kurz vor seinem Tod besuchte ihn der Buddha ein letztes Mal. Durch die Unterweisungen am Sterbebett erreichte Suddhodana die höchste Stufe, die Arahatschaft, und verstarb als Laien-Arhat. Seine Entwicklung vom besorgten Vater und weltlichen Herrscher zum erleuchteten Laienanhänger zeigt eindrücklich die transformative Kraft des Dhamma und die Möglichkeit, auch im weltlichen Leben hohe spirituelle Ziele zu erreichen.

Sutta-Referenzen: Obwohl eine zentrale Figur in der Lebensgeschichte des Buddha, wird Suddhodana in den Suttas selbst eher selten direkt erwähnt.

  • DN 14 (Mahāpadāna Sutta): Wird als Vater des Bodhisattvas Vipassī erwähnt, was als Parallele zu Suddhodana gesehen wird.
  • Sn 3.11 (Nālaka Sutta): Der Prolog erwähnt ihn im Kontext der Geburt Siddharthas.
  • AN 3.48 (Pabbata Sutta): Indirekter Bezug, da der Buddha hier über die Verantwortung eines Vaters für das Wohlergehen seiner Familie spricht, was auf Suddhodanas Tugenden als späterer Anhänger hinweisen könnte.
  • Kanonische Kommentare und spätere Texte (z.B. Jātaka-Einleitung, Dhammapada-Kommentar, Therīgāthā-Kommentar, Mahāvastu, Buddhavaṃsa): Diese Quellen enthalten die meisten Details über sein Leben, seine anfängliche Sorge, seine schrittweise Bekehrung und seine endgültige Erleuchtung als Laien-Arhat.

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