
Der Dhamma als Lehrer
Die Lehre und eigene Praxis als Zuflucht nach Buddhas Weggang (Attadipa)
Inhaltsverzeichnis
Einleitung: Wer weist den Weg, wenn der Lehrer geht?
Stell dir vor, du folgst einem weisen und mitfühlenden Lehrer, der dir den Weg zu einem erfüllteren Leben zeigt. Was aber geschieht, wenn dieser Lehrer nicht mehr da ist? Wer oder was leitet dich dann? Diese Frage stellte sich den Anhängern des Buddha, als er sich seinem Lebensende näherte. Seine Antwort darauf ist tiefgründig und gibt dir auch heute noch eine klare Orientierung für deinen spirituellen Weg.
Buddhas letzte Weisung: Sei Dir selbst eine Insel (DN 16)
Kurz vor seinem endgültigen Verlöschen (Parinibbāna), als sein treuer Schüler Ananda ihn fragte, welche Anweisungen er für die Gemeinschaft der Praktizierenden habe, gab der Buddha eine seiner wichtigsten und letzten Weisungen. Sie findet sich im Mahāparinibbāna Sutta (Dīgha Nikāya 16):
Der Buddha sagte: „Darum, Ananda, seid euch selbst eine Insel (attadīpa), euch selbst eine Zuflucht (attasaraṇā), sucht keine andere Zuflucht; habt den Dhamma als eure Insel (dhammadīpā), den Dhamma als eure Zuflucht (dhammasaraṇā), sucht keine andere Zuflucht“.
Was bedeuten diese zentralen Begriffe?
- Attadīpa / Attasaraṇā (Sei dir selbst eine Insel / eine Zuflucht): Dies ist ein Aufruf zur Selbstverantwortung und zum Vertrauen in deine eigene Fähigkeit zur Praxis und Erkenntnis. Es bedeutet nicht, egoistisch zu sein oder alles allein machen zu müssen. Es bedeutet vielmehr, die Zuflucht nicht primär in äußeren Autoritäten, Personen oder Ritualen zu suchen, sondern in der Kultivierung deiner eigenen inneren Ressourcen.
- Wie wird man sich selbst zur Insel? Der Buddha erklärt es weiter: Indem man achtsam den eigenen Körper im Körper, die Gefühle in den Gefühlen, den Geist im Geist und die Geistobjekte (Dhammas) in den Geistobjekten betrachtet – eifrig, klar verstehend und achtsam, frei von weltlicher Gier und Kummer. Deine eigene Praxis der Achtsamkeit und Weisheit wird zu deiner sicheren Insel.
- Dhammadīpa / Dhammasaraṇā (Hab den Dhamma als Insel / als Zuflucht): Gleichzeitig betont der Buddha, dass du auf diesem Weg nicht allein oder orientierungslos bist. Die Lehre selbst – der Dhamma – ist dein zuverlässigster Führer und deine sicherste Zuflucht. Die universellen Prinzipien und Wahrheiten, die der Buddha gelehrt hat (wie die Vier Edlen Wahrheiten, der Achtfache Pfad, das Bedingte Entstehen), sind zeitlos und unabhängig von seiner Person gültig. Wenn du den Dhamma studierst, verstehst und in deinem Leben anwendest, wird er zu deiner Insel, die dir Halt und Orientierung gibt.
Der Buddha bekräftigte dies mit den Worten: „Jene Mönche von mir, Ananda, die jetzt oder nach meinem Weggang als eine Insel für sich selbst verweilen, als eine Zuflucht für sich selbst, keine andere Zuflucht suchend; den Dhamma als ihre Insel und Zuflucht habend, keine andere Zuflucht suchend: sie sind es, die die Höchsten werden, wenn sie den Wunsch haben zu lernen“.
Die letztendliche Autorität im Buddhismus liegt also nicht in einer Person oder Institution, sondern im Dhamma selbst und in deiner Fähigkeit, ihn durch deine eigene Praxis zu verwirklichen und zu überprüfen (siehe: Selbst Prüfen). Dies macht den buddhistischen Weg zu einem Weg der persönlichen Ermächtigung und inneren Entdeckung.
Die Verbindung von Dhamma und Vinaya: Lehre und Lebensführung
Der Buddha sprach oft nicht nur vom Dhamma allein, sondern vom Dhamma-Vinaya als dem Erbe, das er hinterlässt. Was ist Vinaya?
Vinaya bedeutet wörtlich „Disziplin“ oder „Wegführung“. Im engeren Sinne bezeichnet es die Ordensregeln für buddhistische Mönche und Nonnen, die das Zusammenleben in der Gemeinschaft regeln und einen ethischen Rahmen für die Praxis schaffen. Diese Regeln entstanden oft als Reaktion auf konkrete Probleme und dienten dazu, das Verhalten der Ordinierten in Einklang mit den Prinzipien des Dhamma zu bringen und Schaden von der Gemeinschaft abzuwenden.
Auch wenn du kein Mönch oder keine Nonne bist, ist die Verbindung von Dhamma und Vinaya für dich relevant. Sie zeigt, dass der Dhamma kein rein theoretisches oder intellektuelles System ist. Die Lehre (Dhamma) muss im Leben verankert und durch ethisches Handeln (Sīla) sichtbar werden (Vinaya im weiteren Sinne). Die Fünf Silas (keine Lebewesen töten oder verletzen, Nichtgegebenes nicht nehmen, kein sexuelles Fehlverhalten, nicht lügen, keine berauschenden Mittel nehmen) sind die Grundlage des Vinaya für Laienanhänger. Der Dhamma gibt die Richtung und die Einsicht, während Sīla (als Teil des Vinaya-Prinzips) die konkrete Lebensführung darstellt, die diese Einsicht unterstützt und ermöglicht. Geistestraining und ethisches Verhalten gehen Hand in Hand und bilden eine untrennbare Einheit auf dem Weg zur Befreiung.
Schlussfolgerung für Deinen Weg: Vertraue auf Dich und die Lehre
Buddhas letzte Weisung ist eine Ermutigung für dich:
- Du hast das Potenzial in dir selbst (attadīpa), durch deine eigene Achtsamkeit und Bemühung Fortschritte zu machen.
- Du hast in der Lehre des Buddha (dhammasaraṇa) eine klare, zuverlässige und zeitlose Anleitung.
- Du hast die Fähigkeit (Kālāma Sutta), selbst zu prüfen, was heilsam ist und zu deinem Wohl und Glück führt.
Vertraue auf diesen Weg, vertraue auf deine Fähigkeit zur Praxis und zur Einsicht. Der Dhamma selbst kann dein bester Lehrer sein.
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