
Rechter Entschluss ( Sammā Saṅkappa ): Definition, Bedeutung und Schlüsseltexte im Palikanon
Die Motivation auf dem Pfad: Entsagung, Wohlwollen und Nicht-Grausamkeit als Rechte Absicht
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Der Edle Achtfache Pfad und die Rolle des Rechten Entschlusses
- Was ist Rechter Entschluss ( Sammā Saṅkappa )? Definition und Erklärung
- Rechter Entschluss im Kontext: Verbindung zu Rechter Ansicht und Ethik
- Schlüssel-Lehrreden (Suttas) zu Sammā Saṅkappa
- Weitere wichtige Textstellen im Palikanon
- Zusammenfassung und Ausblick
- Anhang: Hinweise zur Pali-Transkription
- Referenzen & weiterführende Webseiten/Dokumente
Einleitung: Der Edle Achtfache Pfad und die Rolle des Rechten Entschlusses
Der Buddhismus, wie er in den frühen Pali-Schriften überliefert ist, präsentiert einen Weg zur Befreiung vom Leiden (dukkha). Dieses Leiden, das tief in der menschlichen Existenz verwurzelt ist, entsteht aus Ursachen wie Gier, Hass und Verblendung. Der Buddha lehrte, dass diese Ursachen durch Weisheit, ethisches Verhalten und geistige Sammlung überwunden werden können.
Das Herzstück dieses praktischen Weges ist der Edle Achtfache Pfad (Ariya Aṭṭhaṅgika Magga). Es ist wichtig zu verstehen, dass der Pfad nicht „edel“ im Sinne einer sozialen Klasse ist, sondern der Pfad der „Edlen“ (Ariya), jener, die den Weg zur Befreiung beschreiten und verwirklichen.
Dieser Pfad besteht aus acht miteinander verbundenen Faktoren, die oft in drei Gruppen unterteilt werden: Weisheit (Paññā), Ethik (Sīla) und Sammlung (Samādhi). Die acht Glieder sind:
- Rechte Erkenntnis/Ansicht (Sammā Diṭṭhi) – Weisheit
- Rechter Entschluss/Absicht (Sammā Saṅkappa) – Weisheit
- Rechte Rede (Sammā Vācā) – Ethik
- Rechtes Handeln (Sammā Kammanta) – Ethik
- Rechter Lebenserwerb (Sammā Ājīva) – Ethik
- Rechte Anstrengung (Sammā Vāyāma) – Sammlung
- Rechte Achtsamkeit (Sammā Sati) – Sammlung
- Rechte Sammlung/Konzentration (Sammā Samādhi) – Sammlung
Alle acht Faktoren beginnen mit dem Pali-Wort Sammā, was „recht“, „richtig“, „angemessen“, „vollkommen“ bedeutet, im Gegensatz zu Micchā, was „falsch“ oder „verkehrt“ bedeutet. Der Pfad als Ganzes stellt das Mittel dar, um Nibbāna (Nirvana), die Befreiung aus dem leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten (Saṃsāra), zu erreichen.
Dieser Bericht konzentriert sich auf den zweiten Faktor des Pfades: Rechter Entschluss (Sammā Saṅkappa). Er nimmt eine entscheidende Position ein, denn er bildet die Brücke zwischen der Weisheit der Rechten Ansicht (Sammā Diṭṭhi) und dem ethischen Handeln (Sīla). Während Rechte Ansicht das korrekte Verständnis der Wirklichkeit liefert (z.B. das Gesetz von Karma, die Vier Edlen Wahrheiten), übersetzt Rechter Entschluss dieses Verständnis in eine bewusste Ausrichtung des Geistes, eine klare Intention, die das nachfolgende Reden, Handeln und Bemühen lenkt. Sammā Saṅkappa ist die Motivation, die uns auf den Weg bringt und hält.
Ziel dieses Berichts ist es, Sammā Saṅkappa klar zu definieren, seine Bestandteile zu erläutern, seine Verbindungen zu anderen Pfadfaktoren aufzuzeigen und wichtige Lehrreden (Suttas) aus dem Palikanon vorzustellen, die diesen Begriff vertiefen. Damit soll interessierten Lesern, ob mit oder ohne Vorkenntnisse, ein fundierter Zugang zu diesem zentralen Aspekt buddhistischer Praxis ermöglicht werden, gestützt auf die Primärquellen.
Was ist Rechter Entschluss ( Sammā Saṅkappa )? Definition und Erklärung
Der Begriff Sammā Saṅkappa wird oft mit „Rechtes Denken“, „Rechte Absicht“, „Rechte Gesinnung“ oder „Rechte Motivation“ übersetzt. Die Wahl von „Rechter Entschluss“ betont den Aspekt der bewussten Willensentscheidung und Ausrichtung. Saṅkappa ist mehr als nur ein flüchtiger Gedanke; es bezeichnet eine zielgerichtete geistige Aktivität, eine Intention, eine Aspiration, die den Geist formt und auf ein bestimmtes Ziel hinlenkt. Es ist ein „zweckgerichteter Gedanke“, der aus der Reflexion entsteht und darauf abzielt, etwas zu verwirklichen.
In den Suttas wird Sammā Saṅkappa konsistent durch drei heilsame (kusala) Ausrichtungen des Geistes definiert, die kultiviert werden sollen:
- Nekkhamma Saṅkappa (Entschluss zur Entsagung / zum Loslassen): Dies ist die Absicht, sich von sinnlichem Begehren (kāma), Anhaftung an weltliche Freuden und Besitztümer sowie von Festhalten im Allgemeinen zu lösen. Es geht nicht primär um äußere Askese (obwohl die Entscheidung für ein klösterliches Leben, das Verlassen des Hauses, auch darunter fallen kann), sondern um die innere Haltung des Loslassens von Gier (lobha) und Verstrickung. Es ist die Abkehr von dem, was bindet, hin zu dem, was befreit. Dieser Entschluss steht in engem Zusammenhang mit Anabhijjhā (Nicht-Begehren), einem der zehn heilsamen Wege des Handelns (kusala kammapatha). Die Überwindung des Hindernisses der Sinneslust (kāmacchanda) in der Meditation basiert wesentlich auf diesem Entschluss. Die Lehrrede AN 6.63 betont, dass der gesamte achtfache Pfad zur Überwindung der Sinnlichkeit führt, was die zentrale Rolle von Nekkhamma unterstreicht.
- Abyāpāda Saṅkappa (Entschluss zum Nicht-Übelwollen / zum Wohlwollen): Dies ist die Absicht, frei von jeglicher Form von Übelwollen (vyāpāda oder byāpāda) zu sein – also frei von Hass, Groll, Ärger, Feindseligkeit und dem Wunsch, anderen zu schaden. Es ist die bewusste Entscheidung gegen Aversion und Ablehnung. Die positive Kultivierung dieses Entschlusses ist Mettā (liebende Güte, Wohlwollen, Freundlichkeit) – der Wunsch, dass alle Wesen glücklich und sicher sein mögen. Abyāpāda ist somit nicht nur die passive Abwesenheit von Hass, sondern kann und soll aktiv als universales Wohlwollen entwickelt werden. Dieser Entschluss entspricht Avyāpāda (Nicht-Übelwollen) bei den zehn heilsamen Wegen des Handelns. Er ist fundamental für ethisches Verhalten und für die Überwindung des Hindernisses des Übelwollens (vyāpāda) in der Meditation.
- Avihiṃsā Saṅkappa (Entschluss zur Nicht-Grausamkeit / zum Nicht-Schaden): Dies ist die Absicht, Lebewesen weder durch Taten, Worte noch Gedanken absichtlich Leid zuzufügen oder sie zu verletzen (vihiṃsā). Es ist der Entschluss zur Gewaltlosigkeit (ahiṃsā) in umfassendem Sinne. Die positive Kultivierung dieses Entschlusses ist Karuṇā (Mitgefühl) – der Wunsch, dass andere Wesen frei von Leiden sein mögen. Mitgefühl entsteht aus dem Verständnis für das Leiden anderer und motiviert zum Handeln, um dieses Leiden zu lindern. Avihiṃsā ist daher mehr als nur die Vermeidung von Grausamkeit; es ist die aktive Entwicklung von Empathie und Hilfsbereitschaft. Dieser Entschluss entspricht Avihiṃsā (Nicht-Schaden) bei den zehn heilsamen Wegen des Handelns. Er ist die Grundlage für Rechtes Handeln (insbesondere das Nichttöten) und hilft, Gleichgültigkeit und Trägheit in der Praxis zu überwinden.
Das Gegenteil von Sammā Saṅkappa ist Micchā Saṅkappa, der Falsche Entschluss. Dieser basiert auf den drei unheilsamen Wurzeln: Gedanken und Absichten, die von sinnlichem Begehren (kāma-saṅkappa), Übelwollen (byāpāda-saṅkappa) und Grausamkeit (vihiṃsā-saṅkappa) durchdrungen sind. Solche Absichten führen unweigerlich zu Leid – für einen selbst und für andere.
Rechter Entschluss im Kontext: Verbindung zu Rechter Ansicht und Ethik
Sammā Saṅkappa steht nicht isoliert da, sondern ist eng mit den anderen Faktoren des Edlen Achtfachen Pfades verwoben, insbesondere mit der Rechten Ansicht als Grundlage und den ethischen Faktoren als Ausdruck.
Die Grundlage: Sammā Diṭṭhi (Rechte Ansicht)
Rechte Ansicht (Sammā Diṭṭhi) ist der erste Faktor des Pfades und bildet das Fundament für den Rechten Entschluss. Sie liefert das Verständnis der Realität, wie sie wirklich ist – insbesondere das Verständnis der Vier Edlen Wahrheiten (Leiden, Ursache des Leidens, Ende des Leidens, der Pfad zum Ende des Leidens) und des Gesetzes von Ursache und Wirkung (Karma). Dieses Verständnis motiviert erst den Entschluss, den Weg der Befreiung zu gehen und den Geist entsprechend auszurichten. Ohne ein gewisses Maß an Rechter Ansicht fehlt dem Rechten Entschluss die Richtung und die Überzeugungskraft.
Eine wichtige Differenzierung, die insbesondere im Mahācattārīsaka Sutta (MN 117) vorgenommen wird, betrifft die zwei Ebenen der Rechten Ansicht und des Rechten Entschlusses:
- Weltliche (mundane) Ebene (lokiya): Auf dieser Ebene bezieht sich Rechte Ansicht auf den Glauben an die Wirksamkeit von Karma, an Wiedergeburt, an die Existenz von Mutter und Vater (im Sinne karmischer Verbindungen) und an die Möglichkeit der Befreiung. Diese Ansicht ist verdienstvoll (puññabhāgiya) und führt zu guten Wiedergeburten, ist aber noch an den Daseinskreislauf (saṃsāra) gebunden. Der entsprechende weltliche Rechte Entschluss (lokiya sammā saṅkappa) ist die Absicht, heilsam zu handeln (Entsagung, Wohlwollen, Nicht-Schaden), basierend auf diesem Glauben und moralischen Verständnis.
- Überweltliche (supramundane) Ebene (lokuttara): Diese Rechte Ansicht ist die direkte, auf Einsicht basierende Weisheit (paññā) bezüglich der Vier Edlen Wahrheiten. Sie ist „ohne Verunreinigungen“ (anāsava) und ein tatsächlicher Faktor des Pfades (maggaṅga), der zur Befreiung führt. Der entsprechende überweltliche Rechte Entschluss (lokuttara sammā saṅkappa) erwächst direkt aus dieser tiefen Einsicht in das Leiden und seine Ursachen. Er ist nicht mehr nur eine moralische Ausrichtung, sondern eine kraftvolle, auf Nibbāna gerichtete Intention, die den Geist transformiert und von den Fesseln löst.
Diese Unterscheidung macht deutlich, dass die Kultivierung von Sammā Saṅkappa ein dynamischer Prozess ist. Sie beginnt oft als moralische Entscheidung, basierend auf Vertrauen und grundlegendem Verständnis, und vertieft sich mit wachsender Einsicht (Sammā Diṭṭhi) zu einer kraftvollen, befreienden Ausrichtung des Geistes. Es ist keine einmalige Entscheidung, sondern eine kontinuierlich zu verfeinernde Intention.
Die Auswirkung: Motivation für Sīla (Ethik)
Rechter Entschluss ist die unmittelbare Motivation und die geistige Wurzel für die ethische Praxis (Sīla) auf dem Pfad, die sich in Rechter Rede, Rechtem Handeln und Rechtem Lebenserwerb manifestiert.
- Der Entschluss zum Nicht-Übelwollen (Abyāpāda Saṅkappa) und zur Nicht-Grausamkeit (Avihiṃsā Saṅkappa) führt direkt zur Rechten Rede (Sammā Vācā): dem Vermeiden von Lügen, Verleumdung, harter oder verletzender Rede und unnützem Geschwätz. Positiv ausgedrückt motiviert er zu wahrhaftiger, freundlicher, hilfreicher und sinnvoller Kommunikation.
- Der Entschluss zur Nicht-Grausamkeit (Avihiṃsā Saṅkappa) ist die Grundlage für Rechtes Handeln (Sammā Kammanta): dem Vermeiden von Töten, Stehlen und sexuellem Fehlverhalten. Er motiviert zu Handlungen, die Leben schützen, Eigentum respektieren und Beziehungen auf Vertrauen gründen.
- Alle drei Aspekte des Rechten Entschlusses – Entsagung, Nicht-Übelwollen und Nicht-Grausamkeit – formen den Rechten Lebenserwerb (Sammā Ājīva). Dieser beinhaltet die Vermeidung von Berufen, die direkt oder indirekt anderen Lebewesen schaden, wie Handel mit Waffen, Lebewesen, Fleisch, Rauschmitteln oder Giften. Er motiviert zu einer Lebensführung, die im Einklang mit ethischen Werten steht.
Somit übersetzt Sammā Saṅkappa die innere Einsicht und Ausrichtung in konkretes, heilsames Verhalten in der Welt.
Schlüssel-Lehrreden (Suttas) zu Sammā Saṅkappa
Während der Edle Achtfache Pfad in vielen Lehrreden erwähnt wird, gibt es einige Suttas, die Sammā Saṅkappa besonders hervorheben, definieren oder dessen Kultivierung illustrieren. Die hier genannten Referenzen (Sutta-Nummer, Pali-Name, deutscher Titel) beziehen sich auf die Zählung und Benennung, wie sie auf suttacentral.net verwendet wird, einer zentralen Ressource für den Palikanon.
Aus dem Majjhima Nikāya (MN)
MN 19: Dvedhāvitakka Sutta (Die zwei Arten des Denkens)
- Inhalt: In dieser Lehrrede berichtet der Buddha von seiner eigenen Praxis vor seinem Erwachen. Er beschreibt, wie er bewusst seine aufkommenden Gedanken (vitakka) in zwei Kategorien einteilte: unheilsame Gedanken, die auf Sinnesbegehren (kāma), Übelwollen (byāpāda) und Grausamkeit (vihiṃsā) beruhen, und heilsame Gedanken der Entsagung (nekkhamma), des Nicht-Übelwollens (abyāpāda) und der Nicht-Grausamkeit (avihiṃsā). Er erkannte durch Reflexion, dass die unheilsamen Gedanken zu seinem eigenen Schaden, zum Schaden anderer und zum Schaden beider führen, die Weisheit blockieren und nicht zur Befreiung (nibbāna) führen. Dieses Erkennen ermöglichte es ihm, diese Gedanken loszulassen, zu vertreiben und zu eliminieren, während er die heilsamen Gedanken bewusst kultivierte.
- Relevanz: Dieses Sutta ist von großer praktischer Bedeutung, da es den aktiven Prozess der Entwicklung von Sammā Saṅkappa aufzeigt. Es geht nicht nur darum, eine Absicht zu fassen, sondern darum, den Geist durch Achtsamkeit (sati) und Weisheit (paññā) zu beobachten, die Natur und Konsequenzen der Gedanken zu erkennen (yoniso manasikāra) und unheilsame durch heilsame aktiv zu ersetzen. Es zeigt die enge Verbindung zur Rechten Anstrengung (Sammā Vāyāma).
- Quellen: MN 19 (Pali: Dvedhāvitakka Sutta, Deutsch: Die zwei Arten des Denkens).
MN 117: Mahācattārīsaka Sutta (Die Große Vierzig)
- Inhalt: Dieses Sutta bietet eine der detailliertesten Darlegungen des Edlen Achtfachen Pfades. Es definiert jeden der acht Faktoren und betont die führende Rolle der Rechten Ansicht (Sammā Diṭṭhi). Sammā Saṅkappa wird hier klar durch seine drei Komponenten definiert: Entschluss zur Entsagung, zum Nicht-Übelwollen und zur Nicht-Grausamkeit. Ein zentraler Aspekt des Suttas ist die explizite Unterscheidung zwischen der weltlichen (lokiya), verdienstvollen Ebene und der überweltlichen (lokuttara), zur Befreiung führenden Ebene der ersten fünf Pfadfaktoren, einschließlich Sammā Saṅkappa. Es erläutert auch das dynamische Zusammenspiel der Faktoren: Rechte Ansicht, Rechte Anstrengung und Rechte Achtsamkeit werden als diejenigen beschrieben, die die anderen Faktoren (wie Rechter Entschluss) „umkreisen“ und unterstützen. Darüber hinaus erwähnt das Sutta die Erweiterung des achtfachen Pfades zum zehnfachen Pfad, der Rechte Erkenntnis (Sammā Ñāṇa) und Rechte Befreiung (Sammā Vimutti) als Frucht der Praxis hinzufügt.
- Relevanz: Dieses Sutta ist fundamental für ein tiefes Verständnis von Sammā Saṅkappa im Kontext des gesamten Pfades. Es klärt die Definition, die zwei Ebenen der Praxis (weltlich/überweltlich) und das systemische Zusammenwirken der Pfadfaktoren.
- Quellen: MN 117 (Pali: Mahācattārīsaka Sutta, Deutsch: Die Große Vierzig).
Aus dem Dīgha Nikāya (DN)
DN 22: Mahāsatipaṭṭhāna Sutta (Die Große Lehrrede über die Grundlagen der Achtsamkeit)
- Inhalt: Diese berühmte Lehrrede ist die Hauptquelle für die Praxis der Achtsamkeitsmeditation (satipaṭṭhāna). Sie präsentiert den Edlen Achtfachen Pfad im Abschnitt über die Vierte Edle Wahrheit – den Weg (magga), der zur Aufhebung des Leidens führt. Sammā Saṅkappa wird hier im Rahmen der Auflistung der acht Pfadfaktoren genannt und standardmäßig durch seine drei Bestandteile definiert (Entsagung, Nicht-Übelwollen, Nicht-Grausamkeit). Obwohl der Fokus des Suttas auf der Rechten Achtsamkeit (Sammā Sati) liegt, wird der gesamte Pfad als integraler Bestandteil der Lehre von den Vier Edlen Wahrheiten dargestellt.
- Relevanz: Das Sutta verankert Sammā Saṅkappa und den gesamten Pfad fest im Kern der buddhistischen Lehre (Vier Edle Wahrheiten) und zeigt die untrennbare Verbindung zwischen der Entwicklung von Achtsamkeit und der Kultivierung der richtigen geistigen Ausrichtung und Intention.
- Quellen: DN 22 (Pali: Mahāsatipaṭṭhāna Sutta, Deutsch: Die Große Lehrrede über die Grundlagen der Achtsamkeit).
Tabelle: Schlüssel-Suttas zu Sammā Saṅkappa
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Lehrreden aus DN und MN sowie einige zentrale Texte aus SN und AN zusammen, die für das Verständnis von Sammā Saṅkappa besonders relevant sind. Sie dient als praktische Übersicht für das weitere Studium.
Sutta-Nr. | Pali-Name | Deutscher Titel (gebräuchlich) | Kurze Relevanz für Sammā Saṅkappa |
---|---|---|---|
MN 19 | Dvedhāvitakka Sutta | Die zwei Arten des Denkens | Illustriert den Prozess der Kultivierung durch Unterscheidung/Überwindung unheilsamer Gedanken. |
MN 117 | Mahācattārīsaka Sutta | Die Große Vierzig | Umfassende Definition, Unterscheidung weltlich/überweltlich, Zusammenspiel der Pfadfaktoren. |
DN 22 | Mahāsatipaṭṭhāna Sutta | Große Lehrrede über Achtsamkeitsgrundlagen | Definiert Sammā Saṅkappa als Teil des Pfades innerhalb der Vierten Edlen Wahrheit. |
SN 45.8 | Vibhaṅga Sutta | Analyse (des Pfades) | Standarddefinition aller acht Pfadfaktoren, inkl. Sammā Saṅkappa, im Pfad-Kapitel (Maggasaṃyutta). |
AN 6.63 | Nibbedhika Sutta | Durchdringend | Erklärt Überwindung der Sinnlichkeit (kāma) als Ziel des Pfades (relevant für Nekkhamma). |
AN 6.55 | Soṇa Sutta | Mit Soṇa | Gleichnis der Laute für rechte Anstrengung (Sammā Vāyāma), motiviert durch Sammā Saṅkappa. |
AN 3.65 | Kālāma Sutta | An die Kālāmer | Indirekt: betont Prüfung statt blindem Glauben, was Rechte Ansicht/Entschluss stützt. |
Weitere wichtige Textstellen im Palikanon
Neben den oben genannten Schlüsseltexten gibt es weitere wichtige Abschnitte und Lehrreden im Samyutta Nikāya (SN) und Aṅguttara Nikāya (AN), die das Verständnis von Sammā Saṅkappa vertiefen.
Samyutta Nikāya (SN): Das Maggasaṃyutta (SN 45)
Das 45. Buch des Samyutta Nikāya, das Maggasaṃyutta, ist vollständig dem Edlen Achtfachen Pfad gewidmet und enthält zahlreiche kurze Lehrreden, die verschiedene Aspekte des Pfades beleuchten.
- SN 45.8 (Vibhaṅga Sutta – Analyse): Dieses Sutta ist eine zentrale Referenz, da es die Standarddefinitionen aller acht Pfadfaktoren liefert, einschließlich der drei Bestandteile von Sammā Saṅkappa (Entsagung, Nicht-Übelwollen, Nicht-Grausamkeit).
- SN 45.1 (Avijjā Sutta – Unwissenheit) & AN 10.103: Diese Texte beschreiben eine scheinbar sequentielle Abhängigkeit der Pfadfaktoren: Rechte Ansicht ist die Grundlage für Rechten Entschluss, dieser für Rechte Rede usw..
- SN 45.7 (Paṭhama Amata Sutta – Das Todlose 1): Hier wird der Pfad als der Weg bezeichnet, der zum „Todlosen“ (amata), also zu Nibbāna, führt.
- SN 45.18 (Brahmacariya Sutta – Das Edle Leben): Definiert den falschen Pfad (micchā-magga – falsche Ansicht, falscher Entschluss etc.) als das Gegenteil des edlen Lebenswandels (brahmacariya) und impliziert damit, dass der Edle Achtfache Pfad der wahre heilige Lebenswandel ist.
- SN 45.49-55 (Sonnenaufgangs-Gleichnisse): Diese Suttas vergleichen wichtige unterstützende Bedingungen für den Pfad – wie gute Freundschaft (kalyāṇamittatā, SN 45.49), ethisches Verhalten (sīlasampadā, SN 45.50), Wunsch nach Heilsamem (chandasampadā, SN 45.51) oder rechte Ausrichtung der Aufmerksamkeit (yoniso manasikāra-sampadā, SN 45.54) – mit dem Sonnenaufgang, der dem Erscheinen des Lichts des Edlen Achtfachen Pfades vorausgeht.
Die Darstellungen im Maggasaṃyutta und anderen Texten wie MN 117 und AN 7.45 machen deutlich, dass der Pfad kein einfacher linearer Prozess ist, bei dem ein Schritt nach dem anderen abgeschlossen wird. Vielmehr handelt es sich um ein integriertes System, in dem sich die Faktoren gegenseitig bedingen und verstärken. Während Rechte Ansicht (Sammā Diṭṭhi) oft als Ausgangspunkt dient und die Richtung vorgibt, ist der Rechte Entschluss (Sammā Saṅkappa) die treibende Kraft, die diese Einsicht in ethisches Verhalten (Sīla) und geistige Disziplin (Samādhi) umsetzt. Diese wiederum vertiefen die Weisheit (Paññā), was zu einer noch klareren Ansicht und einem gefestigteren Entschluss führt. Es ist eine aufwärts gerichtete Spirale der Kultivierung, bei der alle Faktoren zusammenwirken müssen. Rechte Ansicht, Rechte Anstrengung und Rechte Achtsamkeit spielen dabei laut MN 117 eine besonders zentrale, unterstützende Rolle für die Entfaltung des gesamten Pfades.
Aṅguttara Nikāya (AN): Bekannte oder relevante Lehrreden
Der Aṅguttara Nikāya, geordnet nach der Anzahl der Lehrpunkte, enthält ebenfalls viele relevante Suttas, auch wenn es kein eigenes Kapitel nur zu Sammā Saṅkappa gibt.
- AN 6.63 (Nibbedhika Sutta): Erklärt, dass der Edle Achtfache Pfad, einschließlich Sammā Saṅkappa, zur Durchdringung und Überwindung der fünf Stränge der Sinnlichkeit (kāmaguṇa) führt, was die Bedeutung von Nekkhamma Saṅkappa (Entschluss zur Entsagung) unterstreicht.
- AN 6.55 (Soṇa Sutta): Enthält das berühmte Gleichnis von der Laute, deren Saiten weder zu straff noch zu locker gespannt sein dürfen. Der Buddha verwendet es, um dem Mönch Soṇa die Wichtigkeit ausgewogener Rechter Anstrengung (Sammā Vāyāma) zu erklären. Rechte Anstrengung ist unerlässlich, um den Rechten Entschluss in die Tat umzusetzen und aufrechtzuerhalten.
- AN 10.103: Bestätigt die unterstützende Abfolge der Pfadfaktoren, wie sie auch in SN 45.1 beschrieben wird.
- AN 3.65 (Kālāma Sutta): Dieses Sutta, gerichtet an die Kālāmer, fordert dazu auf, Lehren nicht blind zu glauben, sondern sie selbst zu prüfen und das als heilsam zu erkennen, was frei von Gier, Hass und Verblendung ist und von den Weisen gelobt wird. Diese Haltung der kritischen Prüfung und des Erkennens von Heilsamem ist eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung von Rechter Ansicht und daraus folgendem Rechten Entschluss.
- Suttas über Mettā und Karuṇā (z.B. AN Metta Sutta, Suttas zu den Brahmavihāras): Die Praxis der „Göttlichen Verweilungszustände“ (Brahmavihāra) – Liebende Güte (Mettā), Mitgefühl (Karuṇā), Mitfreude (Muditā) und Gleichmut (Upekkhā) – ist die konkrete Methode zur Kultivierung der positiven Aspekte des Rechten Entschlusses, nämlich Wohlwollen (Abyāpāda) und Nicht-Schaden (Avihiṃsā). Die Kommentare identifizieren Mettā und Karuṇā oft direkt mit Abyāpāda und Avihiṃsā. Diese Praktiken zeigen, dass Sammā Saṅkappa nicht nur eine passive Vermeidung von Negativem ist, sondern eine aktive Entwicklung positiver Geisteszustände beinhaltet.
- AN 1.21-40 (Ekadhamma Suttas) & AN 1.49: Diese kurzen Texte betonen die zentrale Bedeutung des Geistes – seine Formbarkeit, seine Schnelligkeit und seine Fähigkeit, entweder großes Leid oder großes Glück zu verursachen, je nachdem, ob er entwickelt ist oder nicht. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, den Geist durch rechte Absichten bewusst zu lenken.
Die Betrachtung dieser Texte, insbesondere MN 19 und der Praktiken der Brahmavihāras, verdeutlicht, dass Sammā Saṅkappa eine aktive Kultivierung erfordert. Es genügt nicht, die Definition zu kennen. Es bedarf einer beständigen geistigen Arbeit: das achtsame Erkennen und bewusste Loslassen von unheilsamen Absichten (Gier, Hass, Grausamkeit) und das aktive Fördern, Entwickeln und Stärken von heilsamen Absichten (Entsagung, Wohlwollen, Mitgefühl). Rechte Anstrengung (Sammā Vāyāma) und Rechte Achtsamkeit (Sammā Sati) sind dabei unerlässliche Werkzeuge. Es geht darum, den Geist aktiv zu formen, sodass heilsame Intentionen zur vorherrschenden, natürlichen Ausrichtung werden.
Zusammenfassung und Ausblick
Rechter Entschluss (Sammā Saṅkappa) ist der zweite Faktor des Edlen Achtfachen Pfades und stellt eine zentrale Säule der buddhistischen Praxis dar. Er bezeichnet die bewusste Ausrichtung des Geistes auf Entsagung (Nekkhamma), Nicht-Übelwollen (Abyāpāda) und Nicht-Grausamkeit (Avihiṃsā).
Sammā Saṅkappa fungiert als entscheidendes Bindeglied: Er wurzelt in der Rechten Ansicht (Sammā Diṭṭhi), dem Verständnis der buddhistischen Lehre, und übersetzt diese Einsicht in die Motivation für ethisches Verhalten (Sīla) – Rechte Rede, Rechtes Handeln und Rechten Lebenserwerb.
Die Analyse der Lehrreden, insbesondere des Mahācattārīsaka Sutta (MN 117), zeigt, dass Rechter Entschluss auf zwei Ebenen existiert: einer weltlichen, verdienstvollen Ebene, die auf Glauben basiert, und einer überweltlichen, befreienden Ebene, die aus direkter Einsicht erwächst.
Der Pfad selbst ist ein integriertes System, kein linearer Ablauf. Sammā Saṅkappa interagiert dynamisch mit allen anderen Faktoren, insbesondere mit Rechter Ansicht, Rechter Anstrengung und Rechter Achtsamkeit, die seine Entwicklung unterstützen und von ihm unterstützt werden.
Die Praxis des Rechten Entschlusses ist ein aktiver Prozess der Kultivierung. Sie erfordert das bewusste Erkennen und Loslassen unheilsamer Absichten (wie im Dvedhāvitakka Sutta, MN 19, beschrieben) und die aktive Entwicklung heilsamer Geisteszustände wie Wohlwollen (Mettā) und Mitgefühl (Karuṇā), den positiven Entsprechungen von Nicht-Übelwollen und Nicht-Grausamkeit.
Die Kultivierung von Sammā Saṅkappa ist somit essentiell für jeden Fortschritt auf dem buddhistischen Weg. Sie gibt der Praxis Richtung und Kraft, formt den Charakter und lenkt die gesamte Energie des Praktizierenden auf das letztendliche Ziel: die Befreiung vom Leiden (Nibbāna).
Dieser Bericht konnte nur eine Einführung geben. Es sei allen Lesern ans Herz gelegt, die genannten Lehrreden selbst zu studieren, beispielsweise auf Plattformen wie suttacentral.net. Die direkte Auseinandersetzung mit den Worten des Buddha ist der beste Weg, um ein tieferes und persönlicheres Verständnis von Sammā Saṅkappa und dem gesamten Edlen Achtfachen Pfad zu entwickeln.
Anhang: Hinweise zur Pali-Transkription
Die in diesem Bericht verwendeten Pali-Begriffe folgen dem internationalen Standard IAST (International Alphabet of Sanskrit Transliteration) zur Darstellung mit diakritischen Zeichen. Dies ermöglicht eine genauere Wiedergabe der ursprünglichen Aussprache. Die wichtigsten Zeichen im Pali sind:
- Lange Vokale: ā, ī, ū (werden länger gesprochen als a, i, u)
- Retroflexe Konsonanten: ṭ, ḍ, ṇ (Zungenspitze wird zurückgebogen zum Gaumendach)
- Palataler Nasal: ñ (ähnlich wie „gn“ in „Cognac“)
- Velarer Nasal: ṅ (wie „ng“ in „Sänger“)
- Anusvāra: ṃ (oder ṁ) (Nasalierung des vorhergehenden Vokals, oft wie „ng“ gesprochen)
Die korrekte Darstellung dieser Zeichen erfordert die Verwendung von UTF-8-Kodierung und einer Schriftart, die den vollen Unicode-Zeichensatz unterstützt (z.B. „Noto Serif“, „Gentium Plus“, „Times New Roman“ in neueren Versionen). Dies stellt sicher, dass die Begriffe auf verschiedenen Geräten und Plattformen korrekt angezeigt werden.
Referenzen & weiterführende Webseiten/Dokumente
Ausgewählte Referenzen (Domains):
- Noble Eightfold Path – Wikipedia
- The Eightfold Path (Chapter 6) – Reconstructing Early Buddhism – Cambridge University Press
- The Noble Eightfold Path – Spirit Rock Meditation Center
- WIKIREADER
- Portal:Buddhismus/Glossar – Wikipedia
- Intention in the Pali Suttas and Abhidharma | Oxford Research Encyclopedia of Religion
- Warum wird der 8fache Pfad so wenig beachtet? – Allgemeines zum
- MN 19: Dvedhāvitakkasutta—Bhikkhu Sujato – SuttaCentral
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Rechte Rede (Sammā Vācā)
Rechte Rede (Sammā Vācā) bedeutet, achtsam mit deiner Sprache umzugehen. Es geht darum, Lügen, Verleumdung, harte Worte und unnützes Geschwätz zu vermeiden. Stattdessen übst du dich darin, wahrhaftig, freundlich, versöhnend und sinnvoll zu sprechen. Erfahre, wie deine Worte zu einem Werkzeug für Frieden und Verständnis werden können.