Gegenspieler & spirituelle Prüfungen

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Herausforderungen und Hindernisse auf dem buddhistischen Pfad

Einleitung

Der Weg des Buddha und seiner frühen Anhänger war nicht frei von Widerständen und Herausforderungen. Der Pali-Kanon berichtet von verschiedenen Persönlichkeiten und Kräften, die dem Buddha und seiner Lehre entgegenwirkten oder die spirituelle Praxis seiner Schüler auf die Probe stellten. Diese Gegenspieler und Prüfungen sind jedoch nicht nur als historische Hindernisse zu verstehen, sondern oft auch als symbolische Darstellungen innerer und äußerer Kräfte, die dem Streben nach Befreiung entgegenstehen.

Devadatta, der ehrgeizige Cousin des Buddha, verkörpert den inneren Feind – Neid, Hass und Machtstreben –, der zur Spaltung der Gemeinschaft (Sanghabheda) und zu Gewalt führen kann. Māra, oft als „der Böse“ oder „der Versucher“ übersetzt, ist die Personifikation der Verblendung, der Begierden und der Angst vor dem Tod – all jener Kräfte, die uns im Kreislauf des Leidens (Saṃsāra) gefangen halten und den Weg zur Erleuchtung blockieren. Begegnungen mit Māra symbolisieren die inneren Kämpfe jedes Praktizierenden.

Andere Figuren wie der Mörder Aṅgulimāla oder der Debattierer Saccaka stellen äußere Herausforderungen dar – Gewalt, intellektuellen Widerstand oder falsche Ansichten. Ihre Geschichten zeigen jedoch auch die transformative Kraft des Dhamma: Aṅgulimāla wird vom Mörder zum Heiligen, Saccaka wird in der Debatte widerlegt und erkennt die Grenzen seiner Philosophie. Selbst Versuche öffentlicher Diffamierung, wie durch Ciñcā Māṇavikā, können dem Buddha aufgrund seiner inneren Reinheit und Weisheit nichts anhaben.

Das Studium dieser Gegenspieler und Prüfungen bietet somit wertvolle Lektionen über die Natur der Hindernisse auf dem spirituellen Weg, die Bedeutung von Standhaftigkeit, Weisheit und Mitgefühl im Umgang mit Widerständen und die unerschütterliche Kraft des erwachten Geistes.

Devadatta – Cousin & Widersacher

Biografie: Devadatta war ein Cousin des Buddha, Sohn von König Suppabuddha (Bruder von Mahāmāyā und Mahāpajāpatī) und dessen Frau Amitā. Er war somit auch der Bruder von Yasodharā, der Ehefrau Siddharthas. Nach einigen Quellen war er auch ein (Halb-)Bruder Ānandas. Er trat zusammen mit Ānanda und anderen Sakya-Prinzen in der Frühzeit des Ordens ein. Anfangs war er ein fähiger Mönch und entwickelte sogar übernatürliche Kräfte (iddhi).

Rolle und Bedeutung: Devadatta entwickelte jedoch großen Ehrgeiz und Neid auf den Buddha. Er strebte danach, selbst die Führung der Sangha zu übernehmen. Er verbündete sich mit Prinz Ajātasattu von Magadha, dem Sohn König Bimbisāras, und beeindruckte diesen mit seinen psychischen Kräften. Als der Buddha Devadattas Bitte, ihm die Leitung des Ordens zu übertragen, entschieden zurückwies und ihn öffentlich tadelte, wurde Devadattas Groll zu offenem Hass.

Der Vinaya Piṭaka (insbesondere Cullavagga VII) berichtet detailliert von Devadattas Machenschaften. Er stiftete Ajātasattu erfolgreich dazu an, dessen Vater, König Bimbisāra (einen treuen Anhänger Buddhas), gefangen zu setzen und zu töten, um selbst König zu werden. Mit Unterstützung des neuen Königs Ajātasattu unternahm Devadatta drei Versuche, den Buddha zu ermorden: Er heuerte Attentäter an (die jedoch vom Buddha bekehrt wurden), er versuchte, einen Felsbrocken auf den Buddha herabzurollen (der Fels zersplitterte nur und verletzte den Buddha leicht am Fuß), und er ließ einen wilden Elefanten namens Nāḷāgiri auf den Buddha loshetzen (der Elefant wurde jedoch durch die Liebende Güte des Buddha besänftigt).

Nachdem die Mordanschläge gescheitert waren, versuchte Devadatta, die Sangha zu spalten (sanghabheda), was als eine der fünf schwersten karmischen Vergehen gilt. Er forderte vom Buddha die Einführung von fünf strengeren asketischen Regeln für alle Mönche (u.a. lebenslanges Waldleben, reiner Almosengang, Tragen von Lumpenroben, Leben unter Bäumen, Verzicht auf Fisch und Fleisch). Der Buddha lehnte die verpflichtende Einführung ab, erlaubte aber die freiwillige Praxis. Devadatta nutzte dies, um den Buddha als lax darzustellen und überzeugte 500 (meist junge) Mönche, ihm zu folgen und eine eigene Gemeinschaft zu gründen. Sāriputta und Moggallāna wurden jedoch vom Buddha gesandt, um die verführten Mönche durch Belehrung zurückzugewinnen, was ihnen auch gelang.

Devadatta blieb bis zu seinem Lebensende verfeindet. Kurz vor seinem Tod soll er Reue gezeigt und versucht haben, den Buddha um Vergebung zu bitten, doch auf dem Weg dorthin wurde er von der Erde verschluckt und in der Avīci-Hölle wiedergeboren, um dort für seine schweren Vergehen zu büßen. Devadatta dient im Buddhismus als Archetyp für spirituellen Ehrgeiz, der zu Hass, Gewalt und Spaltung führt.

Interessanterweise gibt es in einigen Mahāyāna-Texten (wie dem Lotus-Sutra) spätere Lehren, die besagen, dass selbst Devadatta aufgrund einer früheren karmischen Verbindung zum Buddha letztendlich Erlösung finden wird. Einige moderne Forscher stellen die traditionelle Darstellung Devadattas in Frage und vermuten, dass er möglicherweise ein ernsthafter Reformer war, dessen Bewegung später von der Mehrheitsschule dämonisiert wurde.

Sutta-Referenzen: Seine Taten werden hauptsächlich im Vinaya beschrieben.

  • Vinaya Piṭaka, Cullavagga VII: Enthält den ausführlichsten Bericht über Devadattas Versuche, die Führung zu übernehmen, den Buddha zu töten und die Sangha zu spalten.
  • AN 8.7: Erwähnt Devadatta als Beispiel für jemanden, der von Ehrgeiz überwältigt wurde.
  • Lotus Sutra, Kapitel 12: Enthält eine Prophezeiung über Devadattas zukünftige Buddhaschaft.
  • Jātakas: Erzählen von früheren Leben, in denen Devadatta oft als Widersacher des Bodhisatta auftrat.

Māra – Personifikation der Verblendung

Rolle und Bedeutung: Māra ist eine zentrale Figur in der buddhistischen Kosmologie und Psychologie, die oft als „der Böse“, „der Versucher“ oder „der Töter“ bezeichnet wird. Er ist jedoch keine Teufelsfigur im abrahamitischen Sinne, sondern eher die Personifikation all jener Kräfte, die Lebewesen im Kreislauf von Geburt und Tod (saṃsāra) gefangen halten und sie von der Erleuchtung (Nibbāna) abhalten. Māra repräsentiert die Macht der Begierden (kāma), der Unwissenheit und Verblendung (avijjā, moha), der mentalen Befleckungen (kilesa), der Anhaftung an die Daseinsgruppen (khandha) und letztlich die Macht des Todes selbst.

Māra tritt im Pali-Kanon in verschiedenen Formen auf:

  • Als personifizierte Gottheit (Devaputta Māra): Ein mächtiges Wesen, das im höchsten Bereich der Sinnenwelt residiert und versucht, spirituell Strebende von ihrem Weg abzubringen. Berühmt ist sein Versuch, den Bodhisatta kurz vor dessen Erleuchtung unter dem Bodhi-Baum durch Verlockungen (seine Töchter Taṇhā, Arati, Rāga) und Bedrohungen (seine dämonischen Heerscharen) von der Meditation abzuhalten. Der Bodhisatta widersteht ihm durch seine Standhaftigkeit und Weisheit.
  • Als Personifikation der Daseinsgruppen (Khandha-Māra): Die fünf Aggregate (Form, Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen, Bewusstsein), die das Objekt der Anhaftung bilden und somit Leiden verursachen, werden ebenfalls als Māra bezeichnet.
  • Als Personifikation der mentalen Befleckungen (Kilesa-Māra): Gier, Hass, Verblendung und andere unheilsame Geisteszustände, die den Geist trüben und fesseln.
  • Als Personifikation des Todes (Maccu-Māra): Der Tod als unausweichliches Ende des bedingten Daseins, dem alle Wesen unterworfen sind, solange sie nicht Nibbāna erreicht haben.

Māra erscheint in den Suttas immer wieder, um den Buddha oder seine erleuchteten Schüler (Mönche und Nonnen) zu stören, zu versuchen oder in Zweifel zu stürzen. Er versucht, sie durch schöne oder schreckliche Visionen abzulenken, flüstert ihnen zweifelnde oder entmutigende Gedanken ein oder versucht, sie zur Rückkehr ins weltliche Leben zu bewegen. Der Buddha und seine Arahant-Schüler erkennen Māra jedoch stets und weisen ihn mit Weisheit und Gleichmut zurück, indem sie die Vergänglichkeit, Leidhaftigkeit und Substanzlosigkeit seiner Verlockungen oder Drohungen durchschauen.

Die Auseinandersetzung mit Māra symbolisiert somit den inneren Kampf gegen die eigenen Begierden, Ängste und Verblendungen, der ein zentraler Bestandteil des buddhistischen Weges ist.

Sutta-Referenzen: Māras Auftritte sind zahlreich, besonders im Saṃyutta Nikāya.

  • SN 4 (Māra Saṃyutta): Eine ganze Sammlung ist Māra gewidmet. Sie enthält zahlreiche kurze Episoden, in denen Māra versucht, den Buddha oder seine Schüler während ihrer Meditation oder Lehrtätigkeit zu stören, und wie er jeweils zurückgewiesen wird.
  • MN 26 (Ariyapariyesanā Sutta): Erwähnt Māras Bereich im Kontext der unedlen Suche.
  • MN 50 (Māratajjaniya Sutta): Mahā Moggallāna weist Māra zurecht, der in seinen Bauch eingedrungen ist.
  • Snp 3.2 (Padhāna Sutta): Beschreibt den Kampf des Bodhisatta gegen Māras Heerscharen vor der Erleuchtung.
  • Theragāthā & Therīgāthā: Enthalten Verse, in denen Mönche und Nonnen ihre Begegnungen mit Māra schildern und wie sie ihn überwanden (z.B. Verse von Uppalavaṇṇā Thig 12.2, Khema Thig 6.3).
  • Die Erzählung von der Erleuchtung des Buddha: In verschiedenen kanonischen und kommentariellen Texten wird der Angriff Māras unter dem Bodhi-Baum detailliert geschildert.

Angulimāla – Vom Mörder zum Arahant

Biografie: Aṅgulimāla, dessen Geburtsname Ahimsaka („der Gewaltlose“) war, war der Sohn des königlichen Kaplans Bhaggava im Reich Kosala. Er war intelligent und ein vielversprechender Schüler. Eine Version der Geschichte besagt, dass seine eifersüchtigen Mitschüler ihn bei seinem Lehrer verleumdeten. Der Lehrer, der ihn loswerden wollte, gab ihm daraufhin die grausame Aufgabe, als Abschluss seines Studiums tausend menschliche Finger zu sammeln. Um diese Aufgabe zu erfüllen, wurde Ahimsaka zu einem gefürchteten Räuber und Mörder, der im Jālinī-Wald Reisende überfiel und tötete. Er schnitt jedem Opfer einen Finger ab und trug diese an einer Kette um den Hals, was ihm den Namen Aṅgulimāla („Fingerkette“) einbrachte. Er terrorisierte die gesamte Region, Dörfer wurden verlassen, und selbst König Pasenadi von Kosala beschloss, ihn mit einer Armee zu jagen.

Rolle und Bedeutung: Als Aṅgulimāla 999 Finger gesammelt hatte und nur noch einer fehlte, sah er seine eigene Mutter, die ihn warnen wollte, und beschloss, sie zu seinem letzten Opfer zu machen. In diesem kritischen Moment erschien der Buddha, der Aṅgulimālas Potenzial zur Erleuchtung erkannt hatte. Aṅgulimāla wandte sich stattdessen dem Buddha zu und versuchte, ihn zu verfolgen. Doch trotz seiner Schnelligkeit konnte er den ruhig dahinschreitenden Buddha durch dessen übernatürliche Kräfte nicht einholen. Der Buddha sprach ihn an: „Halte an, Aṅgulimāla!“ Aṅgulimāla erwiderte: „Ich habe angehalten, Asket. Du halte an!“ Der Buddha erklärte: „Ich habe angehalten, Aṅgulimāla, für immer, habe Gewalt gegen alle Wesen niedergelegt. Du aber bist hemmungslos gegenüber Wesen. Deshalb halte du an!“

Diese Worte trafen Aṅgulimāla tief. Er warf seine Waffe weg und bat um Aufnahme in den Orden. Der Buddha ordinierte ihn zum Mönch. Als Mönch praktizierte Aṅgulimāla eifrig, wurde aber von den Menschen, die seine Vergangenheit kannten, oft beschimpft und mit Steinen beworfen, wenn er um Almosen ging. Der Buddha ermahnte ihn, dies als Teil seiner karmischen Vergeltung geduldig zu ertragen. Durch seine unerschütterliche Praxis erreichte Aṅgulimāla bald darauf die Arahatschaft. Eine bekannte Geschichte berichtet, wie er einer Frau bei einer schweren Geburt durch das Aussprechen einer „Wahrheitsbekundung“ (saccakiriya) half, basierend auf der Wahrheit, dass er seit seiner „edlen Geburt“ (seiner Ordination) keinem Wesen bewusst Schaden zugefügt habe (Aṅgulimāla Paritta). Aṅgulimālas Transformation vom brutalen Mörder zum erleuchteten Heiligen ist eine der eindrucksvollsten Geschichten im Buddhismus über das Potenzial zur Veränderung und die Kraft des Dhamma, selbst schwerstes negatives Karma zu überwinden (obwohl er die unmittelbaren Folgen seiner Taten noch erdulden musste).

Sutta-Referenzen: Die zentrale Geschichte ist im Majjhima Nikāya überliefert.

  • MN 86 (Aṅgulimāla Sutta): Die ausführliche Schilderung seiner Begegnung mit dem Buddha, seiner Bekehrung, Ordination, den Schwierigkeiten und seiner endgültigen Erleuchtung. Enthält auch die Geschichte mit der Geburtshilfe und die Wahrheitsbekundung.
  • Theragāthā 16.8 (Verse 866-891): Enthält Verse, die Aṅgulimāla zugeschrieben werden, in denen er seine dramatische Vergangenheit, seine Transformation und seine Befreiung beschreibt.

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Der Buddha wirkte nicht isoliert. Lerne hier die Menschen kennen, die ihn umgaben und die frühe buddhistische Gemeinschaft prägten. Begegne seinen herausragenden Hauptschülern wie Sāriputta und Mahā Moggallāna, seinen früheren Lehrern, den Mitgliedern seiner Familie, den ersten Nonnen (Bhikkhunīs), wichtigen Laienanhängern wie Anāthapiṇḍika und Visākhā sowie seinen Gegenspielern wie Devadatta oder Māra. Ihre Geschichten illustrieren den Dhamma in Aktion.