Rechte Sammlung (Sammā Samādhi)

Rechte Sammlung (Sammā Samādhi)
Rechte Sammlung (Sammā Samādhi)
Rechte Sammlung (Sammā Samādhi)

Rechte Sammlung ( Sammā Samādhi ) im Palikanon: Definition, Kontext und Schlüsseltexte

Das achte Glied des Edlen Pfades: Entwicklung von Konzentration und den meditativen Vertiefungen (Jhāna)

1. Einleitung: Die Bedeutung der Sammlung im Buddhismus

Im Herzen der buddhistischen Lehre und Praxis steht die Kultivierung des Geistes. Ein zentrales Element dieser Geistesschulung ist Samādhi, ein Pali-Begriff, der oft mit „Sammlung“ oder „Konzentration“ übersetzt wird. Samādhi bezeichnet einen Zustand mentaler Stabilität und Fokussierung, der als unerlässlich für tiefere Einsicht und spirituelle Entwicklung gilt.

Innerhalb des buddhistischen Befreiungsweges nimmt Sammā Samādhi, die „Rechte Sammlung“, eine herausragende Stellung ein. Es ist das achte und abschließende Glied des Edlen Achtfachen Pfades (Ariyo Aṭṭhaṅgiko Maggo), jenes umfassenden Übungssystems, das der Buddha als Weg zur Überwindung des Leidens (Dukkha) und zur Verwirklichung von Nibbāna (Nirwana) lehrte. Als Kulminationspunkt der meditativen Schulung baut Sammā Samādhi auf den vorhergehenden Pfadfaktoren auf und schafft die geistigen Voraussetzungen für befreiende Weisheit (Paññā).

Dieser Bericht zielt darauf ab, den Begriff Sammā Samādhi für interessierte Laien und beginnende Praktizierende zugänglich zu machen. Er beleuchtet die Definition und Bedeutung von Rechter Sammlung im Kontext des frühen Buddhismus, wie er im Palikanon überliefert ist. Dabei werden auch verwandte Konzepte wie die meditativen Vertiefungen (Jhāna) erläutert und die Voraussetzungen für die Entwicklung von Sammā Samādhi dargestellt. Schließlich werden zentrale Lehrreden (Suttas) aus den vier Hauptsammlungen des Palikanons (Dīgha Nikāya, Majjhima Nikāya, Saṃyutta Nikāya, Aṅguttara Nikāya) vorgestellt, die diesen wichtigen Begriff näher beleuchten und als Wegweiser für ein vertieftes Studium dienen können.

2. Sammā Samādhi – Definition und Erklärung der Rechten Sammlung

Wörtliche Bedeutung und Kernkonzept

Der Begriff Samādhi setzt sich etymologisch aus den Pali-Wurzeln sam („zusammen“) und ā-dhā („setzen“, „stellen“, „legen“) zusammen. Er bedeutet wörtlich so viel wie „zusammenbringen“, „festigen“ oder „begründen“. Im Kontext der Geistesschulung verweist dies auf das Sammeln und Fokussieren des Geistes auf ein einziges Objekt oder einen einzigen Zustand.

Die am häufigsten verwendete technische Definition von Samādhi im Palikanon lautet cittassa ekaggatā – die „Einspitzigkeit“ oder „Einigung des Geistes“. Dieser Zustand ist gekennzeichnet durch die Abwesenheit von Zerstreuung (avikkhepa) und eine tiefe innere Ruhe (samatha). Alternative Übersetzungen wie „Gesammeltheit“ oder „Fassung“ (collectedness, composure) betonen den Aspekt der mentalen Ordnung und Stabilität, die durch Samādhi erreicht wird.

Abgrenzung: Samādhi versus Sammā Samādhi

Es ist von grundlegender Bedeutung, zwischen dem allgemeinen Begriff Samādhi und dem spezifischen Pfadfaktor Sammā Samādhi zu unterscheiden. Samādhi als generelle Fähigkeit zur Konzentration kann auch in neutralen oder sogar unheilsamen (akusala) Kontexten auftreten. Ein Chirurg bei einer Operation, ein Musiker während eines Konzerts oder auch ein Dieb, der einen Einbruch plant, können alle ein hohes Maß an Samādhi (Konzentration) aufweisen.

Sammā Samādhi hingegen ist die „rechte“ Sammlung. Das Attribut sammā (recht, richtig, vollkommen) qualifiziert diese Form der Konzentration als spezifisch heilsam (kusala) und als integralen Bestandteil des buddhistischen Befreiungsweges. Ihre „Rechtheit“ ergibt sich nicht allein aus der Intensität der Konzentration, sondern entscheidend aus ihrer Ausrichtung und ihrem Kontext innerhalb des Edlen Achtfachen Pfades. Sie ist untrennbar verbunden mit den anderen sieben Pfadfaktoren, insbesondere mit Rechter Ansicht (Sammā Diṭṭhi), dem Verständnis der Vier Edlen Wahrheiten und der Natur der Wirklichkeit. Eine Lehrrede im Saṃyutta Nikāya unterscheidet explizit zwischen weltlichem Samādhi, der zu günstigen Wiedergeburten führen kann, aber immer noch an den Kreislauf der Wiedergeburten (Saṃsāra) gebunden ist, und edlem, überweltlichem (lokuttara) Sammā Samādhi, der auf die Beendigung des Leidens ausgerichtet ist. Diese Unterscheidung warnt davor, jeden meditativen Zustand oder jede intensive Konzentration automatisch als Fortschritt auf dem buddhistischen Pfad zu werten. Die ethische Grundlage und die Verankerung in rechter Einsicht sind für Sammā Samādhi konstitutiv.

Kontext im Edlen Achtfachen Pfad

Der Edle Achtfache Pfad wird traditionell in drei Abschnitte unterteilt:

  • Weisheit (Paññā): Rechte Ansicht (Sammā Diṭṭhi), Rechtes Denken/Absicht (Sammā Saṅkappa)
  • Ethik (Sīla): Rechte Rede (Sammā Vācā), Rechtes Handeln (Sammā Kammanta), Rechter Lebenserwerb (Sammā Ājīva)
  • Sammlung/Geistesschulung (Samādhi): Rechte Bemühung (Sammā Vāyāma), Rechte Achtsamkeit (Sammā Sati), Rechte Sammlung (Sammā Samādhi)

Sammā Samādhi bildet den Höhepunkt und Abschluss der Gruppe der Geistesschulung (Samādhi-khandha). Es entsteht jedoch nicht isoliert, sondern ist das Ergebnis der Entwicklung und des Zusammenspiels aller vorhergehenden sieben Pfadfaktoren. Eine zentrale Lehrrede, das Mahācattārīsaka Sutta (MN 117), definiert edlen Sammā Samādhi explizit als „Einigung des Geistes (cittassa ekaggatā), ausgestattet mit diesen sieben Faktoren“. Rechte Ansicht wird dabei als Vorläufer (pubbaṅgamā) bezeichnet, der die Richtung für den gesamten Pfad vorgibt.

Dies verdeutlicht, dass Sammā Samādhi mehr ist als nur eine Meditationstechnik. Es ist der Zustand eines Geistes, der durch ethische Läuterung (Sīla) und die Kultivierung von Weisheit (Paññā) vorbereitet und geformt wurde. Der Pfad ist dabei nicht als eine streng lineare Abfolge zu verstehen, sondern als ein dynamisches System sich gegenseitig unterstützender Faktoren. Während die früheren Faktoren die Entwicklung von Sammā Samādhi ermöglichen, wirkt ein gefestigter Sammā Samādhi wiederum zurück und stärkt die Rechte Ansicht, die Achtsamkeit und die Bemühung (eine Art positiver Rückkopplungsschleife). Ein gesammelter Geist ist die Voraussetzung dafür, die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind (yathābhūtañāṇadassanaṁ), was wiederum die Rechte Ansicht vertieft und zur Befreiung führt. Sammā Samādhi ist somit sowohl ein Ergebnis des Pfades als auch ein Katalysator für dessen weitere Entfaltung.

3. Die Rolle der Meditativen Vertiefungen ( Jhāna )

Die vier Jhānas als häufige Definition

In zahlreichen wichtigen Lehrreden des Palikanons wird Sammā Samādhi direkt und explizit durch die Beschreibung der vier Rūpa-Jhānas definiert – der vier Stufen meditativer Vertiefung, die zur „Feinform“ oder „feinkörperlichen Sphäre“ (rūpaloka) gehören.

Die wohl bekannteste dieser Definitionen findet sich im Magga Vibhaṅga Sutta (SN 45.8):

„Und was, ihr Mönche, ist rechte Sammlung? Da tritt ein Mönch, abgeschieden von Sinnesvergnügen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung (pathamaṁ jhānaṁ) ein und verweilt darin, die von Hinwendung und Verweilen (vitakka, vicāra) begleitet ist und aus Abgeschiedenheit entstandene Freude und Glückseligkeit (pīti, sukha) aufweist.
Mit dem Stillwerden von Hinwendung und Verweilen tritt er in die zweite Vertiefung (dutiyaṁ jhānaṁ) ein und verweilt darin, die innere Beruhigung und Einigung des Geistes (ajjhattaṁ sampasādanaṁ, cetaso ekodibhāvaṁ) aufweist, ohne Hinwendung und Verweilen ist und aus Sammlung (samādhi) entstandene Freude und Glückseligkeit aufweist.
Mit dem Verblassen auch der Freude verweilt er gleichmütig (upekkhako), achtsam und klar wissend (sato ca sampajāno), und erfährt Glückseligkeit im Körper; er tritt in die dritte Vertiefung (tatiyaṁ jhānaṁ) ein und verweilt darin, von der die Edlen sagen: ‚Gleichmütig und achtsam verweilt er glückselig.‘
Mit dem Aufgeben von Glück und Leid (sukhassa ca pahānā dukkhassa ca pahānā) und dem früheren Schwinden von Freude und Traurigkeit tritt er in die vierte Vertiefung (catutthaṁ jhānaṁ) ein und verweilt darin, die weder leidvoll noch freudvoll ist und Reinheit der Achtsamkeit durch Gleichmut (upekkhāsatipārisuddhiṁ) aufweist.
Das, ihr Mönche, wird rechte Sammlung genannt.“ (In Anlehnung an Übersetzungen von SN 45.8)

Diese Definition findet sich in ähnlicher Form auch in anderen wichtigen Texten, wie dem Mahāsatipaṭṭhāna Sutta (DN 22, durch Integration von Teilen aus MN 141) und bei der Definition der Kraft der Sammlung (samādhibala) im Aṅguttara Nikāya (z.B. AN 5.14).

Kurze Charakterisierung der vier Jhāna -Stufen

Die vier Jhānas beschreiben einen progressiven Prozess der Beruhigung und Verfeinerung des Geistes:

  1. Erstes Jhāna: Gekennzeichnet durch die Abwesenheit der fünf Hindernisse und das Vorhandensein von fünf Faktoren: vitakka (geistige Hinwendung zum Meditationsobjekt), vicāra (anhaltendes Verweilen beim Objekt), pīti (Freude, Entzücken), sukha (Glückseligkeit, Wohlgefühl) und ekaggatā (Einspitzigkeit des Geistes). Der Geist ist aktiv auf das Objekt ausgerichtet.
  2. Zweites Jhāna: Vitakka und vicāra fallen weg. Der Geist ruht stabiler und müheloser im Objekt. Innere Ruhe und Vertrauen (sampasādana) treten hervor, zusammen mit pīti, sukha und ekaggatā. Die Freude ist hier oft intensiver als im ersten Jhāna.
  3. Drittes Jhāna: Auch die oft ekstatische Freude (pīti) verblasst. Es bleiben sukha (eine subtilere, ruhigere Form des Glücksgefühls, das körperlich erfahren wird), ekaggatā und ein klarer, wacher Gleichmut (upekkhā). Achtsamkeit (sati) und klares Wissen (sampajañña) sind stark präsent.
  4. Viertes Jhāna: Selbst das subtile Glücksgefühl (sukha) wird aufgegeben, ebenso wie jedes Gefühl von Leid (dukkha). Übrig bleibt ein Zustand vollkommener geistiger Ausgeglichenheit und Reinheit, charakterisiert durch upekkhā (Gleichmut) und ekaggatā, wobei die Achtsamkeit durch den Gleichmut als vollkommen rein (pārisuddhi) beschrieben wird.

Diskussion der Beziehung: Ist Sammā Samādhi ausschließlich Jhāna ?

Obwohl die vier Jhānas sehr häufig zur Definition von Sammā Samādhi herangezogen werden, gibt es in den Texten Hinweise und Interpretationen, die eine breitere Sichtweise nahelegen:

  • Die Definition in MN 117: Wie bereits erwähnt, definiert das Mahācattārīsaka Sutta (MN 117) Sammā Samādhi funktional als die Einigung des Geistes (cittassa ekaggatā), die durch die anderen sieben Pfadfaktoren gestützt wird, ohne die Jhānas explizit zu nennen. Dies legt nahe, dass der Kern von Sammā Samādhi die pfad-integrierte Konzentration ist, die sich in den Jhānas voll entfaltet, aber nicht notwendigerweise auf diese beschränkt ist.
  • Zugangskonzentration (Upacāra-Samādhi): Die Kommentare und spätere Traditionen unterscheiden zwischen der vollen Vertiefung (appanā-samādhi, entsprechend den Jhānas) und einer vorbereitenden oder Schwellenkonzentration (upacāra-samādhi), bei der die Hindernisse zwar unterdrückt, die Faktoren der Jhānas aber noch nicht voll entwickelt sind. Es wird diskutiert, ob auch diese Form der Konzentration bereits als Teil von Sammā Samādhi betrachtet werden kann, insbesondere wenn sie im Rahmen des Achtfachen Pfades kultiviert wird.
  • Stufen der Verwirklichung: Einige Texte und Diskussionen deuten darauf hin, dass das Erreichen der ersten Stufe der Heiligkeit, des Stromeintritts (Sotāpatti), möglich sein könnte, ohne die Jhānas vollständig gemeistert zu haben. Solche Praktizierenden mögen über eine „mäßige Konzentration“ verfügen, die ausreicht, um die Fesseln zu durchbrechen, die auf dieser Stufe fallen. Sammā Samādhi wäre in diesem Fall als eine Qualität der Konzentration zu verstehen, die auf dem Pfad entwickelt wird und unterschiedliche Grade erreichen kann.
  • Notwendigkeit von Jhāna: Während Sammā Samādhi als achtes Pfadglied immer notwendig ist, wird debattiert, ob die volle Jhāna-Erfahrung für jede Stufe der Befreiung zwingend erforderlich ist. Einige argumentieren, dass Jhāna zwar extrem hilfreich und für höhere Stufen (Nichtwiederkehrer, Arahant) wahrscheinlich unerlässlich ist, aber die grundlegende Entwicklung von Sammā Samādhi im Sinne einer stabilen, auf Einsicht ausgerichteten Konzentration wichtiger ist als das Erreichen spezifischer Jhāna-Zustände an sich.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Beziehung zwischen Sammā Samādhi und Jhāna komplex ist. Die vier Jhānas stellen zweifellos den „Goldstandard“ oder die voll entwickelte Form von Sammā Samādhi dar, wie sie in maßgeblichen Lehrreden definiert wird. Sie repräsentieren einen Geist, der frei von Hindernissen und optimal für tiefere Einsicht vorbereitet ist. Die funktionale Definition in MN 117 und die Diskussionen über verschiedene Konzentrationsgrade deuten jedoch darauf hin, dass Sammā Samādhi als Konzept breiter sein könnte: Es bezeichnet die Qualität der Konzentration, die im Kontext des gesamten Edlen Achtfachen Pfades entwickelt wird und in den Jhānas ihren höchsten Ausdruck findet. Die häufige Definition über die Jhānas könnte auch didaktische Gründe haben, indem sie ein klares, hohes und erfahrbares Ziel für die Meditationspraxis setzt und die Bedeutung der Überwindung der Hindernisse sowie der Entwicklung geistiger Stabilität und Klarheit unterstreicht.

4. Voraussetzungen und Entwicklung von Sammā Samādhi

Die Entwicklung von Rechter Sammlung ist kein isolierter Prozess, sondern wurzelt tief in ethischem Verhalten und der Kultivierung heilsamer Geisteszustände. Die Lehrreden beschreiben klare Voraussetzungen und einen natürlichen Entwicklungsweg.

Die Basis: Ethisches Verhalten ( Sīla )

Der Edle Achtfache Pfad beginnt nicht mit Meditation, sondern mit Weisheit und Ethik. Die ethischen Faktoren – Rechte Rede (Sammā Vācā), Rechtes Handeln (Sammā Kammanta) und Rechter Lebenserwerb (Sammā Ājīva) – bilden das unverzichtbare Fundament (Sīla) für jede höhere geistige Entwicklung. Ein Leben in Übereinstimmung mit ethischen Prinzipien, wie den Fünf Silas (nicht töten, nicht stehlen, keine sexuelle Verfehlung, nicht lügen, keine berauschenden Mittel), schafft die äußeren und inneren Bedingungen für geistigen Frieden. Tugendhaftes Verhalten führt zu einem reinen Gewissen und damit zu Reuelosigkeit (avippaṭisāra). Dieser Zustand der inneren Freiheit von Schuld und Bedauern ist der erste Schritt in einer Kausalkette, die auf natürliche Weise zu tieferer Sammlung führt. Ohne eine solide ethische Basis ist nachhaltiger Fortschritt in der Meditation und die Entwicklung von Sammā Samādhi kaum möglich, da der Geist durch Unruhe, Schuldgefühle und Mangel an Selbstachtung behindert wird.

Überwindung der Fünf Hindernisse ( Pañca Nīvaraṇa )

Auf dem Weg zur tiefen Sammlung stellen sich dem Meditierenden spezifische mentale Hindernisse in den Weg, die Pañca Nīvaraṇa (Fünf Hindernisse) genannt werden. Ihre Überwindung ist eine zentrale Aufgabe der Meditationspraxis und eine direkte Voraussetzung für das Eintreten in die Jhānas. Die fünf Hindernisse sind:

  1. Sinnliches Begehren (kāmacchanda): Das Verlangen nach angenehmen Sinneserfahrungen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten) oder die Anhaftung an solche Erfahrungen.
  2. Übelwollen (vyāpāda): Jegliche Form von Aversion, Hass, Ärger, Groll oder Widerstand gegen unangenehme Erfahrungen oder Personen.
  3. Mattheit und Müdigkeit (thīna-middha): Geistige Trägheit, Dumpfheit, Schläfrigkeit und Energiemangel, die den Geist schwer und unfähig zur klaren Wahrnehmung machen.
  4. Unruhe und Sorge (uddhacca-kukkucca): Geistige Rastlosigkeit, Getriebenheit, Zerstreutheit (uddhacca) sowie Reue, Schuldgefühle und Sorgen über Vergangenes oder Zukünftiges (kukkucca).
  5. Zweifel (vicikicchā): Skeptischer, lähmender Zweifel an der Lehre, am Lehrer oder an der eigenen Fähigkeit, den Weg zu gehen.

Diese Hindernisse trüben den Geist, verhindern Klarheit und Stabilität und blockieren den Zugang zu tieferer Konzentration und Einsicht. Die Praxis der Achtsamkeit (Satipaṭṭhāna) dient maßgeblich dazu, diese Hindernisse zu erkennen, zu verstehen und loszulassen. Eine Lehrrede im Aṅguttara Nikāya (AN 5.23) beschreibt Sammā Samādhi auch als die Abwesenheit von fünf „Befleckungen“ (upakkilesa), die den Hindernissen sehr ähnlich sind und den Geist daran hindern, rein und formbar zu werden.

Der Pfad zur Sammlung: Die Kausalkette (AN 11.2 / SN 12.23)

Mehrere wichtige Lehrreden, insbesondere das Cetanākaraṇīya Sutta (AN 11.2) und das Upanisa Sutta (SN 12.23), beschreiben eine bemerkenswerte Kausalkette, die zeigt, wie Sammā Samādhi auf natürliche Weise aus heilsamen Grundlagen erwächst. Diese Sequenz lautet typischerweise:

Sīla (Tugend) → Avippaṭisāra (Reuelosigkeit) → Pāmojja (Freude, Frohlocken) → Pīti (Entzücken, Begeisterung) → Passaddhi (körperliche und geistige Ruhe, Stille) → Sukha (Glückseligkeit, Wohlgefühl) → Samādhi (Sammlung/Konzentration)

Diese Kette setzt sich oft fort zu:

SamādhiYathābhūtañāṇadassanaṁ (Wissen und Sehen der Dinge, wie sie wirklich sind) → Nibbidā (Ernüchterung, Überdruss) → Virāga (Entsagung, Leidenschaftslosigkeit) → Vimutti (Befreiung) → Vimuttiñāṇadassanaṁ (Wissen und Sehen der Befreiung)

Das Besondere an dieser Darstellung ist die Betonung, dass jeder nachfolgende Zustand auf natürliche Weise (dhammatā) aus dem vorhergehenden entsteht, ohne dass dafür eine separate Willensanstrengung (na cetanāya karaṇīyaṁ – „nicht durch einen Willensakt zu bewirken“) erforderlich ist. Hat man einmal die Grundlage der Tugend gelegt, die zu Reuelosigkeit führt, entfaltet sich der Pfad zur Sammlung und weiter zur Befreiung gleichsam organisch.

Dies unterstreicht, dass die Entwicklung von Sammā Samādhi kein rein willentlicher oder technischer Akt der Konzentration ist, sondern tief in der ethischen Läuterung und der Kultivierung positiver, freudvoller Geisteszustände verwurzelt ist. Freude (pāmojja), Entzücken (pīti) und Glückseligkeit (sukha) sind hier nicht bloße Nebenprodukte der Meditation, sondern wesentliche Treibstoffe und notwendige Bedingungen auf dem Weg zu tiefer Sammlung.

Die Rolle der Achtsamkeit ( Sati )

Rechte Achtsamkeit (Sammā Sati), das siebte Glied des Pfades, steht in einer besonders engen Beziehung zu Sammā Samādhi. Sie wird im Kanon durchweg als die Praxis der Vier Grundlagen der Achtsamkeit (Satipaṭṭhāna) definiert: Achtsamkeit auf den Körper (kāya), auf Gefühle (vedanā), auf den Geist (citta) und auf Geistesobjekte bzw. Phänomene (dhammā).

Diese Praxis der Satipaṭṭhāna ist die direkte Methode, um die fünf Hindernisse zu überwinden und den Geist zu stabilisieren. Im Cūḷavedalla Sutta (MN 44) werden die vier Satipaṭṭhānas als die „Merkmale“ oder „Grundlagen“ der Sammlung (samādhinimittā) bezeichnet, und ihre Kultivierung als die „Entfaltung der Sammlung“ (samādhibhāvanā). Rechte Achtsamkeit schafft die Voraussetzungen für Rechte Sammlung, indem sie den Geist klärt, fokussiert und von Ablenkungen befreit.

Sammā Sati und Sammā Samādhi bilden somit das Herzstück der buddhistischen Meditationspraxis, wobei die Achtsamkeit den Weg bereitet und die Sammlung das Ergebnis und die Vertiefung dieses Prozesses darstellt.

5. Schlüssel-Lehrreden (Suttas) zu Sammā Samādhi

Um ein tieferes Verständnis von Sammā Samādhi zu gewinnen, ist das Studium der Originaltexte unerlässlich. Die folgenden Lehrreden aus den vier Haupt-Nikāyas des Palikanons behandeln den Begriff oder relevante Aspekte davon in besonderer Weise. Die Referenzen und deutschen Titel folgen, soweit verfügbar, den Angaben auf SuttaCentral.net.

Dīgha Nikāya (DN) – Die Sammlung der langen Lehrreden

  • DN 2: Sāmaññaphala Sutta (Die Früchte des Asketenlebens) Diese Lehrrede beschreibt ausführlich den „Stufenweisen Weg“ der buddhistischen Praxis für Ordinierte. Sie gliedert den Weg in die drei Abschnitte Sīla (Ethik), Samādhi (Sammlung) und Paññā (Weisheit). Der Abschnitt über Samādhi umfasst hier nicht nur die vier Jhānas, sondern beginnt bereits mit der Zügelung der Sinne (indriyasaṁvara), Achtsamkeit und klarem Wissen (satisampajañña), Zufriedenheit (santuṭṭhi) und gipfelt in der Überwindung der fünf Hindernisse und der Erreichung der vier Jhānas. Das Sutta zeigt eindrücklich, wie Sammā Samādhi in den Gesamtkontext des buddhistischen Pfades eingebettet ist.

    Quelle: (https://suttacentral.net/dn2/de/mettiko)

  • DN 22: Mahāsatipaṭṭhāna Sutta (Die Große Lehrrede über die Grundlagen der Achtsamkeit) Dies ist der wohl berühmteste und ausführlichste Text zur Praxis der Achtsamkeit (Satipaṭṭhāna), der Grundlage für Samādhi. Die Lehrrede erläutert die vier Bereiche der Achtsamkeit (Körper, Gefühle, Geist, Phänomene) detailliert. In der Version des Dīgha Nikāya enthält sie zusätzlich einen umfangreichen Abschnitt über die Vier Edlen Wahrheiten, der weitgehend dem Saccavibhaṅga Sutta (MN 141) entspricht. Innerhalb dieser Analyse der Wahrheiten wird der Edle Achtfache Pfad dargelegt, wobei Sammā Samādhi durch die Standardformel der vier Jhānas definiert wird.

    Quelle: (https://suttacentral.net/dn22/de/mettiko)

Majjhima Nikāya (MN) – Die Sammlung der mittleren Lehrreden

  • MN 44: Cūḷavedalla Sutta (Die kleine Lehrrede der ausführlichen Darlegung) In diesem Frage-und-Antwort-Dialog zwischen dem Laien Visākha und der Nonne Dhammadinnā werden tiefgründige Aspekte der Lehre erörtert. Samādhi wird hier explizit als cittassa ekaggatā (Einspitzigkeit des Geistes) definiert. Die Lehrrede gruppiert die Faktoren des Achtfachen Pfades in die drei Schulungen (khandha): Sīla (Rede, Handeln, Lebenserwerb), Samādhi (Bemühung, Achtsamkeit, Sammlung) und Paññā (Ansicht, Absicht). Besonders relevant ist die Aussage, dass die vier Satipaṭṭhānas die „Merkmale/Grundlagen der Sammlung“ (samādhinimittā) sind und ihre Kultivierung die „Entfaltung der Sammlung“ (samādhibhāvanā) darstellt.

    Quelle: (https://suttacentral.net/mn44/de/mettiko)

  • MN 117: Mahācattārīsaka Sutta (Die Große Lehrrede der Vierzig) Diese Lehrrede ist von herausragender Bedeutung für das Verständnis von Sammā Samādhi im Kontext des gesamten Pfades. Sie liefert die einflussreiche Definition von edlem Sammā Samādhi als „Einigung des Geistes, ausgestattet mit den [anderen] sieben Pfadfaktoren“ (yā kho, bhikkhave, imehi sattahaṅgehi cittassa ekaggatā parikkhatā—ayaṁ vuccati, bhikkhave, ariyo sammāsamādhi saupaniso itipi saparikkhāro itipi). Sie betont die führende Rolle der Rechten Ansicht (Sammā Diṭṭhi) und unterscheidet klar zwischen einem weltlichen Pfad, der zu Verdienst führt, und dem edlen, überweltlichen Pfad, der zur Befreiung führt. Sie zeigt auf, wie jeder „rechte“ Faktor die Grundlage für den nächsten bildet und wie die „rechten“ Faktoren die entsprechenden „falschen“ Faktoren überwinden helfen.

    Quelle: (https://suttacentral.net/mn117/de/mettiko)

Saṃyutta Nikāya (SN) – Die Sammlung der verbundenen Lehrreden

Im Saṃyutta Nikāya gibt es kein eigenes Kapitel (Saṃyutta), das ausschließlich dem Thema Samādhi gewidmet ist. Der Begriff und das Konzept sind jedoch zentral und werden in verschiedenen anderen Saṃyuttas behandelt:

  • SN 45: Magga Saṃyutta (Das Kapitel über den Pfad) Dieses Kapitel ist dem Edlen Achtfachen Pfad gewidmet. Es enthält das bereits erwähnte SN 45.8: Magga Vibhaṅga Sutta (Analyse des Pfades), welches die Standarddefinition von Sammā Samādhi durch die vier Jhānas liefert.

    Quelle: (https://suttacentral.net/sn45.8/de/sabbamitta)

  • SN 22: Khandha Saṃyutta (Das Kapitel über die Aggregate) Hier findet sich das SN 22.5: Samādhi Sutta (Sammlung), das betont: „Entwickelt Sammlung, ihr Mönche. Ein Mönch, der gesammelt ist, versteht die Dinge, wie sie wirklich sind.“ Es wird erklärt, dass dies das Verständnis von Entstehung und Vergehen der fünf Daseinsaggregate (khandha) umfasst.

    Quelle: (https://suttacentral.net/sn22.5/de/sabbamitta)

  • SN 56: Sacca Saṃyutta (Das Kapitel über die Wahrheiten) Auch hier gibt es ein SN 56.1: Samādhi Sutta (Sammlung) mit der gleichen Kernaussage: Ein gesammelter Geist erkennt die Vier Edlen Wahrheiten, wie sie wirklich sind.

    Quelle: (https://suttacentral.net/sn56.1/de/sabbamitta)

  • SN 12: Nidāna Saṃyutta (Das Kapitel über Bedingtes Entstehen) Das SN 12.23: Upanisa Sutta (Voraussetzungen) legt die berühmte Kausalkette dar, die von Unwissenheit über Leiden bis hin zur Befreiung führt. Samādhi ist hier ein zentrales Glied, das aus Glückseligkeit (sukha) entsteht und zur Grundlage für das „Wissen und Sehen der Dinge, wie sie wirklich sind“ (yathābhūtañāṇadassanaṁ) wird.

    Quelle: (https://suttacentral.net/sn12.23/de/sabbamitta)

Aṅguttara Nikāya (AN) – Die Sammlung der angereihten Lehrreden

  • AN 11.2: Cetanākaraṇīya Sutta (Ohne einen Willensakt) Diese Lehrrede ist besonders bekannt und wird häufig zitiert, um die natürliche Entstehung von Sammlung zu illustrieren. Sie beschreibt detailliert die bereits erwähnte Kausalkette: Tugendhaftes Verhalten (sīla) führt ohne willentlichen Akt zu Reuelosigkeit, diese zu Freude, weiter zu Entzücken, Ruhe, Glückseligkeit und schließlich zu Samādhi. Samādhi wiederum ist die natürliche Voraussetzung für Wissen und Sehen, Ernüchterung, Entsagung und Befreiung. Sie zeigt eindringlich, wie tief Sammlung in einem ethisch fundierten und emotional positiven Geisteszustand wurzelt.

    Quelle: (https://suttacentral.net/an11.2/de/sabbamitta)

Tabelle: Ausgewählte Lehrreden zu Sammā Samādhi

Die folgende Tabelle fasst die genannten Schlüsseltexte zusammen:

Nikāya Sutta Referenz Relevanz für Sammā Samādhi Link (SuttaCentral Deutsch)
DN DN 2: Sāmaññaphala Sutta (Früchte d. Asketenlebens) Kontext der 3 Schulungen (Sīla, Samādhi, Paññā); Samādhi umfasst Hindernisüberwindung & Jhānas. DN 2
DN DN 22: Mahāsatipaṭṭhāna Sutta (Grundlagen d. Achtsamkeit) Praxis (Satipaṭṭhāna) als Basis für Samādhi; enthält Definition über 4 Jhānas (via MN 141). DN 22
MN MN 44: Cūḷavedalla Sutta (Kl. Lehrrede d. ausf. Darlegung) Definiert Samādhi als cittassa ekaggatā; gruppiert Pfad in 3 Schulungen; nennt Satipaṭṭhāna als Basis (nimitta) für Samādhi. MN 44
MN MN 117: Mahācattārīsaka Sutta (Gr. Lehrrede d. Vierzig) Definiert Sammā Samādhi als Geisteseinigung, gestützt durch die 7 anderen Pfadfaktoren; unterscheidet weltlichen & edlen Pfad. MN 117
SN SN 45.8: Magga Vibhaṅga Sutta (Analyse d. Pfades) Standarddefinition von Sammā Samādhi durch die 4 Jhānas im Kontext des Achtfachen Pfades. https://suttacentral.net/sn45.8/de/sabbamitta
AN AN 11.2: Cetanākaraṇīya Sutta (Ohne Willensakt) Beschreibt die Kausalkette von Sīla über positive Emotionen zu Samādhi und weiter zur Befreiung. Zeigt das natürliche Entstehen von Sammlung. AN 11.2

6. Zusammenfassung und Ausblick

Sammā Samādhi, die Rechte Sammlung, ist ein Eckpfeiler des buddhistischen Weges zur Befreiung. Es bezeichnet mehr als nur allgemeine Konzentration; es ist die heilsame, auf Befreiung ausgerichtete Einigung des Geistes (cittassa ekaggatā), die im Kontext des gesamten Edlen Achtfachen Pfades kultiviert wird.

Die häufigste und detaillierteste Beschreibung von Sammā Samādhi erfolgt durch die vier meditativen Vertiefungen (Jhānas), die einen Zustand tiefer Ruhe, Klarheit und Abwesenheit der geistigen Hindernisse darstellen. Gleichzeitig legen andere wichtige Texte, wie das Mahācattārīsaka Sutta (MN 117), nahe, dass die funktionale Essenz von Sammā Samādhi die durch alle anderen sieben Pfadfaktoren gestützte Einigung des Geistes ist. Diese Perspektive betont die untrennbare Verbindung von Sammlung mit ethischem Verhalten (Sīla), Rechter Bemühung (Sammā Vāyāma), Rechter Achtsamkeit (Sammā Sati) und insbesondere Rechter Ansicht (Sammā Diṭṭhi).

Die Entwicklung von Sammā Samādhi wurzelt in der Praxis von Sīla und entfaltet sich auf natürliche Weise durch die Kultivierung von Reuelosigkeit, Freude und Glückseligkeit, wie es eindrücklich in AN 11.2 beschrieben wird. Die direkte Methode zur Überwindung der Hindernisse und zur Stabilisierung des Geistes ist die Praxis der Achtsamkeit (Satipaṭṭhāna).

Letztlich ist Sammā Samādhi kein isoliertes Ziel an sich, sondern ein entscheidendes Werkzeug auf dem Weg. Es schafft die notwendige geistige Stabilität, Klarheit und Kraft, die es dem Praktizierenden ermöglichen, die Natur der Wirklichkeit tief zu durchdringen und befreiende Weisheit (Paññā) zu entwickeln.

Die vorgestellten Lehrreden bieten wertvolle Anleitungen und Einblicke für alle, die diesen Aspekt des buddhistischen Pfades tiefer verstehen und praktisch kultivieren möchten. Die weitere Erforschung dieser Texte und die engagierte Praxis des gesamten Edlen Achtfachen Pfades sind der Schlüssel zur Verwirklichung seines letztendlichen Ziels: der Freiheit vom Leiden.

Referenzen & weiterführende Webseiten/Dokumente

Ausgewählte Referenzen (Domains):

Zusätzliche Sutta-Quellen aus Abschnitt 5:

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