Geistige Befleckungen (Kilesa)

Kilesa (Befleckungen, geistige Verunreinigungen) im Palikanon: Eine Definition und Analyse ausgewählter Lehrreden

Eine Untersuchung der Natur und Bedeutung von Kilesa sowie deren Überwindung anhand zentraler Lehrreden des Palikanon.

Einleitung: Die Bedeutung von Kilesa im Buddhismus

Die Lehren des Buddha, wie sie im Palikanon überliefert sind, zielen darauf ab, den Weg zur Befreiung vom Leiden aufzuzeigen. Im Zentrum dieser Lehren steht das Verständnis der Ursachen des Leidens und der Methoden, diese zu überwinden. Ein fundamentaler Aspekt dabei ist die Erkenntnis und Beseitigung geistiger Unreinheiten, die im Pali als Kilesa bekannt sind. Diese Befleckungen trüben den Geist, führen zu unheilsamen Handlungen und halten Lebewesen im Kreislauf des Leidens (Saṃsāra) gefangen. Das Verständnis von Kilesa ist daher unerlässlich für jeden, der den buddhistischen Pfad beschreiten und wahre geistige Reinheit erlangen möchte. 

Was sind Kilesa? Eine Definition

Der Begriff Kilesa bedeutet wörtlich übersetzt Unreinheit, Befleckung oder Verdorbenheit. Er leitet sich von der Pali-Wurzel klis ab, die so viel wie befleckt sein bedeutet. Kilesa bezieht sich somit auf Dinge, die von Natur aus unrein sind und die wiederum den Geist fühlender Wesen beflecken. Zeitgenössische Übersetzer verwenden eine Vielzahl englischer Wörter, um diesen Begriff zu übertragen, darunter Affektionen, Befleckungen, zerstörerische Emotionen, störende Emotionen, negative Emotionen, Geistesgifte und Neurosen. Im Deutschen wird Kilesa oft mit Begriffen wie Leidenschaften, Laster oder Unreinheiten wiedergegeben.

Die Wirkung der Kilesas ist tiefgreifend. Sie trüben den Geist und manifestieren sich in unheilsamen Handlungen des Körpers, der Rede und des Geistes. Diese Befleckungen zerstören den inneren Frieden und die geistige Gelassenheit. Darüber hinaus wirken sie als Ursachen für die fortgesetzte Existenz im Saṃsāra, dem unaufhörlichen Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt, der von Leiden geprägt ist. Interessanterweise ist das Vorkommen des Begriffs „Kilesa“ ohne Präfix in den frühen Diskursen des Palikanons relativ selten. Er findet jedoch in späteren Werken eine häufigere Verwendung. Diese Entwicklung könnte auf eine zunehmende Systematisierung und Kategorisierung geistiger Befleckungen im Laufe der Entwicklung der buddhistischen Tradition hindeuten.

Die Drei Wurzel-Kilesas

In vielen buddhistischen Traditionen, insbesondere im Theravada und Mahayana, werden drei Haupt-Kilesas als die fundamentalen Wurzeln aller anderen Befleckungen identifiziert: Gier, Hass und Verblendung (oder Unwissenheit). Im Mahayana sind diese als die Drei Gifte bekannt, während sie im Theravada als die drei unheilsamen Wurzeln (akusala-mūla) bezeichnet werden. Die Identifizierung dieser Wurzel-Kilesas bietet ein grundlegendes Verständnis für die tieferliegenden Ursachen geistiger Unreinheiten. Indem man sich auf diese primären Befleckungen konzentriert, kann man ein klareres Verständnis für die breitere Kategorie der Kilesas entwickeln.

Die einzelnen Wurzeln lassen sich wie folgt beschreiben:

  • Gier (lobha, rāga, Anhaftung): Dies ist das Verlangen nach dem, was wir als angenehm empfinden oder mögen. Gier kann sich in verschiedenen Formen äussern, von übermässiger Habgier nach materiellen Gütern bis hin zu subtileren Formen des sinnlichen Verlangens. Es ist nicht nur das blosse Wollen, sondern eine tiefe Triebkraft, die sich in vielfältiger Weise manifestieren kann.
  • Hass (dosa, paṭigha, Aversion): Dies ist die Abneigung oder der Widerwille gegenüber dem, was wir nicht mögen oder was uns daran hindert, das zu bekommen, was wir begehren. Hass kann sich als offener Ärger und Wut zeigen, aber auch in subtileren Formen wie Übelwollen oder einer allgemeinen Abneigung gegenüber bestimmten Dingen oder Personen. Ähnlich wie Gier ist Hass eine fundamentale Aversion, die zu einer Reihe negativer Emotionen führen kann.
  • Verblendung (moha, avijjā, Unwissenheit): Dies bezeichnet einen Mangel an klarem Unterscheidungsvermögen und ein Nicht-Verstehen der wahren Natur der Dinge. Verblendung äussert sich in Verwirrung, Ratlosigkeit und Täuschung über die Realität. Es handelt sich um ein grundlegendes Missverständnis der Wirklichkeit und nicht nur um einen Mangel an Informationen. Dies unterstreicht die Bedeutung von Weisheit (paññā) im Prozess der Überwindung der Kilesas.

Diese drei Wurzel-Kilesas haben weitreichende Auswirkungen. Sie bilden die Grundlage für ungeschicktes Karma (negative Handlungen) und führen somit direkt zu Leiden. Sie sind die primäre Ursache für viele Übel und unheilsame Qualitäten, die den Geist belasten und den spirituellen Fortschritt behindern. Das Verständnis dieser kausalen Verbindung zwischen den Wurzel-Kilesas und dem Erleben von Leiden ist ein wichtiger Schritt, um die Notwendigkeit ihrer Beseitigung auf dem buddhistischen Pfad zu erkennen.

Weitere Wichtige Kilesas

Über die drei Wurzel-Kilesas hinaus werden in den buddhistischen Schriften weitere wichtige Befleckungen aufgeführt.

Die Zehn Kilesas des Abhidhamma

Der Pali Abhidhamma, der philosophisch-psychologische Teil des Palikanons, listet zehn Kilesas auf:

Pali-Name Deutsche Übersetzung
lobha Gier
dosa Hass
moha Verblendung
māna Dünkel
diṭṭhi Falsche Ansichten
vicikicchā Zweifel
thīna Trägheit
uddhacca Ruhelosigkeit
ahirika Schamlosigkeit
anottappa Gewissenlosigkeit

Diese Liste erweitert die drei Wurzel-Kilesas und bietet eine detailliertere Klassifizierung geistiger Unreinheiten. Sie zeigt die Vielfalt der Weisen auf, in denen sich die fundamentalen Wurzeln im Geist manifestieren können.

Upakkilesa (Begleitende Befleckungen)

Neben den Haupt-Kilesas gibt es auch sogenannte Upakkilesa, die als kleinere oder begleitende Befleckungen betrachtet werden, die den Geist stören oder behindern. Im Sutta Pitaka, dem Teil des Palikanons, der die Lehrreden des Buddha enthält, wird der Begriff oft synonym zu Kilesa verwendet. Im Majjhima Nikāya werden sechzehn solcher Upakkilesas erwähnt, insbesondere im Upakkilesa Sutta (MN 128). Zu diesen sechzehn Begleitenden Befleckungen gehören: Habsucht und unrechtes Begehren (abhijjhā-visamalobha), Übelwollen (vyāpāda), Zorn (kodha), Feindseligkeit (upanāha), Verleumdung (makkha), Herrschsucht (palāsa), Neid (issā), Geiz (macchariya), Heuchelei (māyā), Betrug (sātheyya), Hartnäckigkeit (thambha), Anmassung (sārambha), Dünkel (māna), Überheblichkeit (atimāna), Eitelkeit (mada) und Nachlässigkeit (pamāda). Die Unterscheidung zwischen Kilesa und Upakkilesa verdeutlicht die verschiedenen Ebenen und Arten geistiger Unreinheiten. Das Verständnis der Upakkilesas kann Praktizierenden helfen, subtilere Formen der Befleckung zu erkennen, die bei der alleinigen Betrachtung der Haupt-Kilesas möglicherweise übersehen würden.

Verbindung zu anderen Konzepten

Das Konzept der Kilesas ist eng mit anderen zentralen Begriffen im Buddhismus verbunden:

  • Āsava (Geistige Strömungen): Dies sind Befleckungen oder Einflüsse, die den Geist durchdringen und Leiden verursachen. Die drei Haupt-Āsavas sind Sinnlichkeit (kāmāsava), Werden (bhavāsava) und Unwissenheit (avijjāsava). Kilesas werden als wesentliche Bestandteile dieser Āsavas betrachtet. Das Bhayabheravasutta (MN 4) erwähnt die Beendigung der Āsavas als Zeichen der Befreiung.
  • Saṃyojana (Fesseln): Dies sind zehn Fesseln, die den Geist an den Saṃsāra binden. Die ersten fünf dieser Fesseln (die sogenannten niedrigeren Fesseln) werden mit dem Eintritt in den Strom (sotāpanna), der ersten Stufe der Erleuchtung, geschwächt oder vollständig beseitigt. Kilesas tragen massgeblich zur Entstehung und Aufrechterhaltung dieser Fesseln bei.
  • Nīvaraṇa (Hindernisse): Dies sind fünf Hindernisse, die die Konzentration und Einsicht während der Meditation behindern: sinnliches Verlangen, Übelwollen, Trägheit und Schläfrigkeit, Ruhelosigkeit und Besorgnis sowie Zweifel. Kilesas bilden die Wurzeln dieser Hindernisse. Das Upakkilesasutta (SN 46.33) listet fünf „Verunreinigungen des Geistes“ auf, die mit den fünf Hindernissen übereinstimmen.
  • Akusala-mūla (Unheilsame Wurzeln): Dies ist ein Synonym für die drei Wurzel-Kilesas (Gier, Hass, Verblendung). Ihre Gegensätze, alobha (Nicht-Gier), adosa (Nicht-Hass) und amoha (Nicht-Verblendung), werden als die drei heilsamen Wurzeln (kusala-mūla) bezeichnet.
  • Saṅkhāra (Geistige Formationen): Kilesas können als eine Art von Saṅkhāra betrachtet werden, nämlich als befleckte oder unheilsame geistige Formationen. Dies verdeutlicht, dass Kilesas keine statischen Entitäten sind, sondern aktiv geformte mentale Zustände darstellen.
  • Gati (Gewohnheiten) und Anusaya (Latente Neigungen): Kilesas sind eng mit Gati (Gewohnheiten) und Anusaya (latente Neigungen oder Befleckungen) verbunden. Wiederholte schlechte Gewohnheiten kultivieren sowohl Gati als auch Anusaya. Dies unterstreicht die tief verwurzelte Natur der Kilesas und wie sie unbemerkt im Geist lauern können, bis sie durch bestimmte Bedingungen ausgelöst werden.
  • Kilesa-Māra: Im Theravada-Buddhismus werden die schwersten Kilesas manchmal mit dem Dämon Māra in Verbindung gebracht und als Kilesa-Māras bezeichnet. Die bekanntesten dieser Dämonen der Befleckung sind Gier, Aversion und Verblendung. Diese Personifizierung verdeutlicht die mächtige und hinderliche Natur der Kilesas auf dem spirituellen Pfad.

Die vollständige Beseitigung aller Kilesas führt zum Kilesa Parinibbāna oder Saupadisesa Nibbāna, dem Nirvana mit verbleibenden Lebensresten. Dies zeigt die direkte Verbindung zwischen dem Konzept der Kilesas und dem ultimativen Ziel der buddhistischen Praxis.

Kilesa in den Nikāyas: Ausgewählte Lehrreden

Um die Bedeutung von Kilesa im frühen Buddhismus weiter zu beleuchten, werden im Folgenden ausgewählte Lehrreden aus dem Dīgha Nikāya (DN) und Majjhima Nikāya (MN) betrachtet, die den Begriff oder verwandte Konzepte behandeln.

Dīgha Nikāya (DN)

Eine direkte Suche nach dem Begriff „Kilesa“ im Dīgha Nikāya über SuttaCentral ergab keine spezifischen Suttas, die diesen Begriff prominent behandeln. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Konzept der geistigen Befleckungen in dieser Sammlung nicht relevant wäre. Vielmehr sind die zugrundeliegenden Ideen der Verunreinigung des Geistes und deren Beseitigung wahrscheinlich in die breiteren Lehren über Ethik, Konzentration und Weisheit eingewoben, die im DN zu finden sind.

  • Sāmaññaphalasutta (DN 2): Diese Sutta beschreibt die verschiedenen „Früchte des asketischen Lebens“, einschliesslich der Entwicklung von Tugend (sīla), Geisteskonzentration (samādhi) und Weisheit (paññā). Obwohl der Begriff „Kilesa“ hier nicht im Vordergrund steht, ist die in der Sutta beschriebene Entwicklung des spirituellen Pfades darauf ausgerichtet, den Geist zu reinigen und von Befleckungen zu befreien. Die verschiedenen Stufen der Praxis, die in DN 2 dargelegt werden, wie ethisches Verhalten, tiefe Meditation und das Erlangen von Einsicht, stehen in direktem Gegensatz zum Entstehen und Fortbestehen von Kilesas.
  • Sigālovāda Sutta (DN 31): Diese Lehrrede behandelt ethische Prinzipien für Laien. Sie legt dar, wie man in verschiedenen sozialen Beziehungen angemessen handelt und wie man Verhaltensweisen vermeidet, die zu Leid führen. Viele der in dieser Sutta angesprochenen unheilsamen Handlungen werden durch Kilesas wie Gier, Hass und Verblendung motiviert. Die Sutta zeigt somit, wie wichtig das Verständnis und die Beherrschung von Kilesas für ein ethisches und erfülltes Leben im Alltag sind.

Majjhima Nikāya (MN)

Im Majjhima Nikāya finden sich mehrere Suttas, die das Konzept der Kilesas oder verwandter Begriffe direkt ansprechen.

  • Anaṅgaṇasutta (MN 5): In dieser Sutta erklärt der Ehrwürdige Sāriputta die „Befleckungen des Geistes“ (aṅgaṇa), die durch unheilsame Wünsche entstehen. Die Sutta vergleicht verschiedene Arten von Personen: solche mit und ohne Befleckungen sowie solche, die sich ihrer Befleckungen bewusst sind oder nicht. Sāriputta betont, dass es für spirituellen Fortschritt entscheidend ist, sich der eigenen geistigen Unreinheiten bewusst zu sein und Anstrengungen zu unternehmen, diese zu beseitigen. Ein zentrales Zitat aus dieser Sutta lautet: „Es gibt diese vier Arten von Personen, die in der Welt gefunden werden. Welche vier? Da ist der Fall, wo ein gewisser Mensch, befleckt, nicht erkennt, wie es geworden ist, dass ‚ich eine innere Befleckung habe.‘ Dann gibt es den Fall, wo ein gewisser Mensch, befleckt, erkennt, wie es geworden ist, dass ‚ich eine innere Befleckung habe.‘ Dann gibt es den Fall, wo ein gewisser Mensch, unbefleckt, nicht erkennt, wie es geworden ist, dass ‚ich keine innere Befleckung habe.‘ Dann gibt es den Fall, wo ein gewisser Mensch, unbefleckt, erkennt, wie es geworden ist, dass ‚ich keine innere Befleckung habe.'“ 
    Diese Sutta unterstreicht somit die Bedeutung von Selbstwahrnehmung und Achtsamkeit im Umgang mit geistigen Befleckungen, die synonym zu Kilesa verwendet werden können.
  • Vatthasutta (MN 7): Diese Lehrrede verwendet das eindringliche Gleichnis eines unreinen Tuchs, um die verschiedenen „Verunreinigungen des Geistes“ (upakkilesa) zu veranschaulichen, darunter Gier, Übelwollen, Zorn und viele andere. Die Sutta listet sechzehn spezifische Arten von Verunreinigungen auf, die den Geist beflecken und zu einem unglücklichen Schicksal führen können. Ein aufschlussreiches Zitat lautet: „Und was, Mönche, sind die Verunreinigungen des Geistes? Habsucht und unrechtes Begehren sind eine Verunreinigung des Geistes; Übelwollen ist eine Verunreinigung des Geistes; Zorn ist eine Verunreinigung des Geistes; Feindseligkeit… Verleumdung… Herrschsucht… Neid… Geiz… Heuchelei… Betrug… Hartnäckigkeit… Anmassung… Dünkel… Überheblichkeit… Eitelkeit… Nachlässigkeit ist eine Verunreinigung des Geistes.“
    Diese Sutta bietet eine klare und umfassende Aufzählung geistiger Befleckungen und verdeutlicht durch das Gleichnis des Tuchs, wie diese Unreinheiten den Geist trüben und den spirituellen Fortschritt behindern. Da hier der Begriff Upakkilesa verwendet wird, der im Sutta Pitaka oft synonym zu Kilesa gebraucht wird, ist diese Sutta von besonderer Bedeutung für das Verständnis des Themas.
  • Upakkilesasutta (MN 128): Diese wichtige Lehrrede beschreibt die „Unvollkommenheiten“ (upakkilesa), die während der Meditation auftreten können. Dazu gehören Zweifel, Unaufmerksamkeit, Trägheit und Schläfrigkeit, Furcht, Hochgefühl, Trägheit (im Sinne von Widerstand), übermässige Anstrengung, Mangel an Anstrengung, Sehnsucht und verschiedene falsche Wahrnehmungen. Die Sutta berichtet auch über die eigenen Erfahrungen des Buddha mit diesen Hindernissen während seiner Bemühungen um die Erleuchtung. Sie unterstreicht die Bedeutung von Achtsamkeit und Sorgfalt in der Meditationspraxis, um diese subtilen geistigen Ablenkungen zu erkennen und zu überwinden. Die Sutta ist daher von grossem Wert für Meditierende, da sie praktische Einblicke in die Herausforderungen der Meditation und Wege zu deren Bewältigung bietet.

Verwandte Begriffe und Konzepte

Wie bereits erwähnt, ist das Verständnis von Kilesa eng mit anderen Schlüsselkonzepten im Buddhismus verbunden. Die Beziehung zu Upakkilesa, Āsava, Saṃyojana, Nīvaraṇa, Akusala-mūla und Kilesa-Māra wurde bereits erläutert. Diese Vernetzung zeigt, dass Kilesa nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern ein integraler Bestandteil des buddhistischen Verständnisses von Leiden und dem Weg zur Befreiung ist.

Das Kilesa-Saṃyutta (SN 27)

Im Samyutta Nikāya (SN) gibt es ein eigenes Kapitel, das sich speziell mit dem Thema Kilesa befasst: das Kilesa-Saṃyutta (SN 27). Dieses Kapitel gehört zum Khandha-vagga, dem Abschnitt über die Daseinsfaktoren, und enthält zehn Suttas, die sich detailliert mit verschiedenen Aspekten der Kilesas auseinandersetzen. In diesen Suttas wird der Begriff „Kilesa“ oft mit „Wunsch-Leidenschaft“ (chanda-rāgo) gleichgesetzt. Die Lehrreden erklären, warum es heilsam ist, das Verlangen nach den sechs inneren Sinnesgrundlagen (Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper, Geist) und deren Objekten aufzugeben, da dieses Verlangen eine Befleckung des Geistes darstellt. So heisst es beispielsweise in SN 27.1: „Mönche, Begierde und Gier nach dem Auge… nach dem Geist ist eine Befleckung des Geistes. Wenn ein Mönch die geistige Befleckung in diesen sechs Fällen aufgegeben hat, neigt sein Geist zur Entsagung.“. Die Suttas betonen durchgehend, dass jegliche „Wunsch-Leidenschaft“ in Bezug auf die Sinnesorgane eine „Befleckung des Geistes“ (cittasse’so upakkileso) ist. Das Vorhandensein eines eigenen Saṃyutta zu diesem Thema im SN unterstreicht die zentrale Bedeutung der Kilesas im frühen Buddhismus. Die Suttas im Kilesa-Saṃyutta behandeln systematisch die Befleckung des Geistes durch Verlangen und Gier in Bezug auf die sechs inneren Sinnesfelder, die sechs äusseren Sinnesfelder, die sechs Arten von Bewusstsein, die sechs Arten von Kontakt, die sechs Arten von Gefühl, die sechs Arten von Wahrnehmung, die sechs Arten von Absicht, die sechs Arten von Verlangen, die sechs Arten von Anhaftung und die fünf Aggregate. Interessierte Leser können diese Suttas auf SuttaCentral einsehen. Dort sind auch Übersetzungen von angesehenen Gelehrten wie Thanissaro Bhikkhu und Bhikkhu Bodhi verfügbar.

Relevante Lehrreden im Aṅguttara Nikāya (AN)

Eine gezielte Suche nach direkten Erwähnungen von „Kilesa“ oder verwandten Konzepten in bekannten Suttas des Aṅguttara Nikāya (AN) ergab keine einzelne, herausragende Sutta, die sich ausschliesslich mit dem Begriff Kilesa befasst. Da das Aṅguttara Nikāya jedoch thematisch nach numerischen Faktoren geordnet ist, ist es wahrscheinlich, dass verschiedene Aspekte geistiger Befleckungen innerhalb unterschiedlicher Kategorien behandelt werden, beispielsweise im Zusammenhang mit den fünf Hindernissen oder den drei unheilsamen Wurzeln.

  • AN 3.10 Mala Sutta (Flecken): Diese Sutta behandelt Qualitäten, die eine Hölle oder einen Himmel in diesem Leben erschaffen können. Dies steht in direktem Zusammenhang mit der Wirkung von Kilesas, da diese unheilsamen Geisteszustände zu Handlungen führen, die Leiden verursachen oder Glück fördern können.
  • AN 1.11 Nivarana Pahana Vagga: Dieser Abschnitt des Aṅguttara Nikāya behandelt die fünf geistigen Hindernisse (pañca nīvaraṇāni), ihre Ursachen und ihr Ende. Da diese Hindernisse eng mit den Kilesas verbunden sind, bietet dieser Abschnitt relevante Einsichten in das Verständnis und die Überwindung geistiger Befleckungen.

Schlussfolgerung

Kilesa, ein zentraler Begriff im buddhistischen Vokabular, bezeichnet die geistigen Unreinheiten, die den Geist trüben und zu Leiden führen. Diese Befleckungen, deren Wurzeln in Gier, Hass und Verblendung liegen, manifestieren sich in vielfältiger Weise und halten Lebewesen im Kreislauf des Saṃsāra gefangen. Die Analyse ausgewählter Lehrreden aus dem Palikanon, insbesondere aus dem Majjhima Nikāya (Anaṅgaṇasutta, Vatthasutta, Upakkilesasutta) und die Betrachtung des Kilesa-Saṃyutta im Samyutta Nikāya, verdeutlichen die Bedeutung dieses Konzepts im frühen Buddhismus. Obwohl der Begriff „Kilesa“ im Dīgha Nikāya nicht explizit im Vordergrund steht, sind die zugrundeliegenden Prinzipien der geistigen Reinigung auch dort präsent. Das Verständnis der Kilesas und ihrer Auswirkungen ist ein wesentlicher Schritt auf dem buddhistischen Pfad zur Befreiung. Es ist daher empfehlenswert, die zitierten Suttas und verwandte Lehrreden im Palikanon zu studieren, um ein tieferes Verständnis dieser fundamentalen Konzepte zu erlangen und den Weg zur Überwindung der geistigen Befleckungen zu beschreiten. Die Erkenntnis und die bewusste Auseinandersetzung mit Kilesas sind unerlässlich für den spirituellen Fortschritt und die letztendliche Beendigung des Leidenskreislaufs.

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