Bhikkhunīs (Nonnen)

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Bhikkhunīs (Nonnen)

Wegweisende Frauen im frühen buddhistischen Orden

Einleitung

Ein revolutionärer Aspekt der frühen buddhistischen Gemeinschaft war die Gründung des Ordens der Nonnen (Bhikkhunī-Sangha). Auf die beharrliche Bitte von Mahāpajāpatī Gotamī, der Tante und Ziehmutter des Buddha, und durch die entscheidende Fürsprache des Ehrwürdigen Ānanda, öffnete der Buddha den Weg zur vollen Ordination auch für Frauen. Dies war in der damaligen patriarchalen Gesellschaft Indiens ein außergewöhnlicher Schritt.

Zwar knüpfte der Buddha die Erlaubnis an die Annahme der Acht Schweren Regeln (Garudhamma), die den Nonnenorden dem der Mönche unterordneten, doch betonte er gleichzeitig unmissverständlich, dass Frauen das gleiche spirituelle Potenzial wie Männer besitzen und die höchste Stufe der Befreiung, die Arahatschaft, erreichen können.

Die Geschichte des frühen Buddhismus ist reich an Beispielen herausragender Nonnen, die durch ihre Weisheit, ihre meditativen Fähigkeiten, ihre Lehrkompetenz oder ihre Entschlossenheit hervorstachen. Ihre Lebenswege, oft geprägt von dramatischen Wendungen – von königlicher Herkunft (Khema) oder dem Leben als Kurtisane (Ambapālī) bis hin zu tiefem persönlichen Leid (Paṭācārā, Kisā Gotamī) –, illustrieren die universelle Anwendbarkeit und transformative Kraft des Dhamma. Sie überwanden gesellschaftliche Beschränkungen und persönliche Tragödien und fanden im Orden Zuflucht und den Weg zur Befreiung.

Ein einzigartiges Zeugnis ihrer spirituellen Erfahrungen und ihrer literarischen Ausdruckskraft ist die Therīgāthā („Verse der älteren Nonnen“), eine Sammlung von Gedichten im Khuddaka Nikāya des Pali-Kanons. Diese Texte bieten eine seltene und wertvolle weibliche Perspektive auf den buddhistischen Pfad, die Herausforderungen des weltlichen Lebens und die unermessliche Freude der Erlösung. Die hier vorgestellten Bhikkhunīs – Khema, Uppalavaṇṇā, Dhammadinnā und Ambapālī – gehören zu den bekanntesten und inspirierendsten Frauengestalten des frühen Buddhismus.

Khema – Höchste Weisheit unter den Nonnen

Biografie: Khemā stammte aus Sāgala, der Hauptstadt des Madra-Reiches, und war von königlicher Geburt. Ihr Name bedeutet „Sicherheit“ oder „Geborgenheit“, ein Synonym für Nibbāna. Sie war für ihre außergewöhnliche Schönheit und ihren strahlend goldenen Teint berühmt. Sie wurde eine der Hauptgemahlinnen von König Bimbisāra von Magadha, einem der wichtigsten königlichen Förderer des Buddha. Anfangs war Khemā sehr an ihre Schönheit gebunden und mied eine Begegnung mit dem Buddha, da sie wusste, dass er die Vergänglichkeit und Anhaftung an körperliche Schönheit kritisierte. König Bimbisāra überzeugte sie jedoch durch eine List – er ließ Dichter die Schönheit des Klosters preisen, in dem der Buddha weilte –, ihn aufzusuchen. Als Khemā den Buddha traf, erschuf dieser mittels seiner psychischen Kräfte das Abbild einer noch schöneren Frau, die direkt vor Khemās Augen alterte, zerfiel und starb. Diese eindringliche Demonstration der Vergänglichkeit (anicca) erschütterte Khemā tief.

Der Buddha lehrte sie daraufhin über die Unbeständigkeit und das Leiden, das aus Anhaftung entsteht. Noch während sie als Laiin zuhörte, erreichte sie die volle Erleuchtung, die Arahatschaft – ein seltener Fall im Kanon. Unmittelbar danach bat sie um die Ordination und trat dem Nonnenorden bei.

Rolle und Bedeutung: Khemā wurde zusammen mit Uppalavaṇṇā zu einer der beiden weiblichen Hauptschülerinnen (aggasāvikā) des Buddha ernannt. Der Buddha bezeichnete sie als die Vorderste (etadagga) unter allen Nonnen in Bezug auf Weisheit (mahāpaññā) (AN 1.14). Ihr männliches Gegenstück in Weisheit war Sāriputta. Sie galt zusammen mit Uppalavaṇṇā als Vorbild für andere Nonnen. Ihre tiefe Weisheit zeigte sich besonders im Khema Sutta (SN 44.1), in dem sie König Pasenadi von Kosala auf dessen Fragen nach dem Zustand des Tathāgata nach dem Tod antwortete. Sie erklärte die Unfassbarkeit des Erleuchteten jenseits der Kategorien von Sein und Nichtsein so überzeugend, dass der König tief beeindruckt war und der Buddha ihre Antwort später bestätigte. Khemās Geschichte illustriert die Überwindung starker weltlicher Anhaftung (insbesondere an Schönheit) durch tiefgründige Weisheit und die Fähigkeit von Frauen, höchste spirituelle Einsicht und Lehrkompetenz zu erlangen.

Sutta-Referenzen: Khemās Weisheit und Status sind in verschiedenen Texten belegt.

  • AN 1.14: Ernennung zur Vordersten in Weisheit (Mahāpaññānaṃ).
  • SN 44.1 (Khema Sutta): Ihr berühmtes Gespräch mit König Pasenadi über die Natur des Tathāgata nach dem Tod.
  • Therīgāthā 6.3 (Verse 139-144): Enthält ihre Verse, in denen sie Māra, den Versucher, zurückweist, ihre Loslösung von sinnlicher Begierde und körperlicher Anhaftung erklärt und ihre Befreiung durch die Lehre des Buddha preist.
  • Apadāna (Therī Apadāna): Berichtet über ihre Aspiration in einem früheren Leben unter Buddha Padumuttara, die vorderste Nonne in Weisheit zu werden.

Uppalavaṇṇā – Meisterin übernatürlicher Fähigkeiten

Biografie: Uppalavaṇṇā erhielt ihren Namen („Farbe der blauen Wasserlilie“) aufgrund ihrer ungewöhnlichen, bläulichen Hautfarbe bei der Geburt. Die Theravāda-Tradition besagt, sie sei die Tochter eines reichen Kaufmanns aus Sāvatthi gewesen, deren Schönheit so groß war, dass ihr Vater sie zur Nonne werden ließ, um Konflikte zwischen den zahlreichen Freiern zu vermeiden. Eine andere Tradition (Mūlasarvāstivāda) erzählt eine dramatischere Vorgeschichte mit unglücklichen Ehen und einem Leben als Kurtisane, bevor sie durch Mahā Moggallāna bekehrt wurde. Unabhängig von der Vorgeschichte trat sie dem Orden bei und erreichte bemerkenswert schnell – innerhalb von weniger als zwei Wochen – die Arahatschaft.

Dies geschah während der Meditation über eine Öllampe als Konzentrationsobjekt (kasina). Ein tragisches Ereignis in ihrem Leben war die Vergewaltigung durch einen Mann, der sie schon vor ihrer Ordination begehrt hatte und sich in ihrer Hütte versteckte. Ihre übernatürlichen Kräfte waren in diesem Moment aufgrund früheren Karmas unwirksam. Der Buddha sprach sie jedoch von jeder Schuld frei, da die Tat ohne ihre Einwilligung geschah. Dieser Vorfall führte zur Einführung einer Regel, die Nonnen zum Schutz untersagte, allein im Wald zu leben.

Rolle und Bedeutung: Uppalavaṇṇā wurde zusammen mit Khemā zur zweiten weiblichen Hauptschülerin (aggasāvikā) des Buddha ernannt. Der Buddha bezeichnete sie als die Vorderste (etadagga) unter allen Nonnen in Bezug auf übernatürliche Kräfte (iddhimantānaṃ) (AN 1.14). Ihr männliches Gegenstück in dieser Fähigkeit war Mahā Moggallāna. Ihre iddhi-Fähigkeiten waren außergewöhnlich und wurden von keiner anderen Nonne ihrer Zeit übertroffen. Ein berühmtes Beispiel ihrer Kräfte ist das „Cakkavatti-Wunder“, bei dem sie sich in einen mächtigen Weltenherrscher (cakkavatti) mit großem Gefolge verwandelte, um dem Buddha nach dessen Rückkehr aus dem Tāvatiṃsa-Himmel Ehre zu erweisen. Sie widerstand auch den Versuchungen Māras, der versuchte, sie in ihrer Einsamkeit durch Angst oder Verlockung von der Meditation abzulenken. Sie war nicht nur eine Meisterin der iddhi, sondern auch eine fähige Lehrerin, die andere Nonnen wie Subhā zur Arahatschaft führte. Sie galt zusammen mit Khemā als Vorbild für die Bhikkhunī-Sangha.

Sutta-Referenzen: Ihre Fähigkeiten und Erfahrungen sind in verschiedenen kanonischen Texten festgehalten.

  • AN 1.14: Ernennung zur Vordersten in übernatürlichen Kräften (Iddhimantānaṃ).
  • SN 5.5 (Uppalavaṇṇā Sutta): Beschreibt ihre Begegnung mit Māra, den sie durch ihre Einsicht in die Leerheit zurückweist.
  • Therīgāthā 12.2 (Verse 224-235): Enthält ihre Verse, in denen sie ihre Befreiung, ihre iddhi-Kräfte (sie erwähnt die Fähigkeit, sich achtfach zu vervielfältigen) und ihre Furchtlosigkeit gegenüber Māra beschreibt.
  • Vinaya Piṭaka (Bhikkhunī Vibhaṅga, Pārājika 1): Berichtet über den Vorfall der Vergewaltigung und die daraus resultierende Regeländerung.
  • Vinaya Piṭaka (Nissaggiya Pācittiya 5): Erzählt, wie sie von einem Banditenführer Fleisch als Spende erhielt und dieses mittels iddhi zum Buddha brachte.
  • Apadāna (Therī Apadāna): Enthält legendenhafte Berichte über ihre früheren Leben.

Dhammadinnā – Bedeutende Lehrerin

Biografie: Dhammadinnā war die Ehefrau des wohlhabenden Laienanhängers Visākha aus Rājagaha (dieser Visākha ist nicht identisch mit dem berühmten Anāthapiṇḍika oder der Laiin Visākhā Migāramātā). Nachdem ihr Ehemann Visākha durch das Hören einer Lehrrede des Buddha die dritte Stufe der Heiligkeit, die Nichtwiederkehr (Anāgāmī), erreicht hatte, beschloss er, sich aus dem weltlichen Leben zurückzuziehen. Er bot Dhammadinnā an, das gesamte Vermögen zu übernehmen oder zu ihrer Familie zurückzukehren. Dhammadinnā jedoch fragte ihn nach dem Grund für seine Entscheidung. Als er ihr von seiner spirituellen Errungenschaft berichtete, bat sie ihn um Erlaubnis, ebenfalls in den Orden einzutreten [Kommentar zu MN 44]. Visākha brachte sie persönlich in einem goldenen Wagen zum Nonnenkloster. Nach ihrer Ordination zog sich Dhammadinnā in die Einsamkeit zurück, praktizierte intensiv Meditation und erreichte in kurzer Zeit die Arahatschaft, zusammen mit den vier analytischen Wissen (paṭisambhidā), die eine besonders tiefe Einsicht in die Lehre kennzeichnen [Kommentar zu MN 44].

Rolle und Bedeutung: Dhammadinnā wurde vom Buddha als die Vorderste (etadagga) unter den Nonnen bezeichnet, die den Dhamma lehren konnten (dhammakathikānaṃ) (AN 1.14). Ihre herausragende Lehrfähigkeit und tiefgründige Weisheit werden im Cūḷavedalla Sutta (MN 44) eindrucksvoll demonstriert. In diesem Sutta sucht ihr ehemaliger Ehemann Visākha sie auf und stellt ihr eine Reihe komplexer Fragen zu zentralen buddhistischen Konzepten wie Selbst-Identifikation (sakkāya-diṭṭhi), deren Ursprung und Aufhebung, dem Edlen Achtfachen Pfad, den Daseinsgruppen (khandha), den Gefühlen (vedanā), den meditativen Vertiefungen (jhāna) bis hin zur höchsten Stufe, der Beendigung von Wahrnehmung und Gefühl (saññā-vedayita-nirodha), und Nibbāna. Dhammadinnā beantwortet alle Fragen mit außergewöhnlicher Klarheit, Präzision und Tiefe. Als Visākha dem Buddha anschließend von diesem Gespräch berichtet, lobt der Buddha Dhammadinnā ausdrücklich für ihre Weisheit und erklärt, dass er selbst die Fragen genauso beantwortet hätte. Dhammadinnā ist somit ein herausragendes Beispiel für weibliche Weisheit und Lehrkompetenz im frühen Buddhismus und widerlegt die Vorstellung, dass Frauen in spiritueller Einsicht Männern unterlegen seien.

Sutta-Referenzen: Ihre Lehrfähigkeit steht im Zentrum ihrer Erwähnung im Kanon.

  • MN 44 (Cūḷavedalla Sutta): Der berühmte Dialog zwischen Dhammadinnā und dem Laien Visākha, der ihre tiefe Einsicht und Lehrbegabung dokumentiert.
  • AN 1.14: Ernennung zur Vordersten unter den Dhamma-Lehrerinnen (Dhammakathikānaṃ).
  • Therīgāthā 1.12 (Vers 12): Ein kurzer Vers wird ihr zugeschrieben, in dem sie die Erfüllung ihres Wunsches nach Befreiung besingt.
  • Apadāna (Therī Apadāna): Enthält Berichte über ihre früheren Leben, darunter eine Aspiration unter Buddha Padumuttara, die vorderste Dhamma-Lehrerin zu werden.

Ambapālī – Kurtisane & Nonne

Biografie: Ambapālī (oder Ambapālikā) war eine berühmte und wohlhabende Kurtisane (gaṇikā) in der Stadt Vesāli, der Hauptstadt der Licchavis. Ihr Name bedeutet „Mangomädchen“ oder „Hüterin des Mangohains“, und eine Legende besagt, sie sei auf wundersame Weise am Fuße eines Mangobaumes in den königlichen Gärten entstanden. Sie war von solcher Schönheit, dass die Fürsten von Vesāli beschlossen, sie zur gemeinsamen Kurtisane der Stadt zu ernennen, um Streitigkeiten zu vermeiden. Es wird berichtet, dass sie ein hohes Honorar verlangte (fünfzig Kahāpanas pro Nacht) und wesentlich zum Wohlstand Vesālis beitrug. Zu ihren Gönnern zählte auch König Bimbisāra von Magadha, der der Vater ihres Sohnes Vimala-Kondañña war.

Rolle und Bedeutung: Ambapālī begegnete dem Buddha während dessen letzter Reise durch Vesāli, kurz vor seinem Parinibbāna. Als sie von seiner Anwesenheit hörte, fuhr sie ihm mit großem Gefolge entgegen. Der Buddha lehrte sie den Dhamma, und sie lud ihn und seine Mönche für den nächsten Tag zum Essen ein. Der Buddha nahm ihre Einladung an, obwohl kurz darauf auch die stolzen Licchavi-Prinzen kamen, um ihn einzuladen. Ambapālī weigerte sich standhaft, ihre Einladung gegen ein hohes Lösegeld an die Prinzen abzutreten. Nach dem Mahl am folgenden Tag spendete Ambapālī ihren kostbaren Mangohain, das Ambapālivana, dem Buddha und der Sangha als Klosterstätte. Der Buddha nahm die Spende an und verweilte dort einige Zeit.

Später im Leben wurde Ambapālī durch eine Predigt ihres Sohnes Vimala-Kondañña, der inzwischen ein angesehener Mönch war, dazu inspiriert, ebenfalls in den Nonnenorden einzutreten. Im Alter betrachtete sie die Vergänglichkeit ihres eigenen Körpers, der einst für seine Schönheit berühmt war, nun aber gealtert und zerfallen war. Durch diese intensive Kontemplation über anicca (Vergänglichkeit) erreichte sie die Arahatschaft. Ihre Geschichte ist ein eindrucksvolles Beispiel für die transformative Kraft des Dhamma, die Menschen unabhängig von ihrem sozialen Status oder ihrer Vergangenheit zur Befreiung führen kann. Sie zeigt auch die zentrale Bedeutung der Vergänglichkeitsbetrachtung (anicca-saññā) auf dem buddhistischen Weg.

Sutta-Referenzen: Ihre Begegnung mit dem Buddha und ihre späteren Verse sind wichtige Zeugnisse.

  • DN 16 (Mahāparinibbāna Sutta): Beschreibt ihre Begegnung mit dem Buddha in Vesāli, ihre Einladung zum Essen, die Ablehnung der Licchavis und die Spende ihres Mangohains (Ambapālivana).
  • Vinaya Mahāvagga VIII.1: Enthält einen ähnlichen Bericht über die Einladung und die Spende des Hains.
  • Therīgāthā 13.1 (Verse 252-270): Eine längere und sehr eindringliche Gedichtsequenz, in der Ambapālī die Schönheit ihrer Jugend detailliert beschreibt und sie dem unaufhaltsamen Verfall im Alter gegenüberstellt, um die Wahrheit der Vergänglichkeit zu bekräftigen.
  • Apadāna (Therī Apadāna): Erzählt von ihren früheren Leben, einschließlich der Geschichte, wie eine unbedachte Bemerkung gegenüber einer Nonne dazu führte, dass sie als Kurtisane wiedergeboren wurde.

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